Wie die Strafe eines wütenden Gottes mit dem Sühnopfer zusammenhängt


Die Bücher im AT sollten erklären, warum das von Gott erwählte Bundesvolk der Israeliten von den Assyrern und Babyloniern besiegt und in Gefangenschaft geführt wurden oder mit Hungersnöten zu tun hatte.

Die Haupterklärung der Bibel ist Strafe für Sünde von Gott selber verursacht:
Seht, ich lasse über euch herfallen, Haus Israel, ein Volk aus der Ferne - Spruch des Herrn. Ein unüberwindliches Volk ist es, ein uraltes Volk, ein Volk, dessen Sprache du nicht kennst und dessen Rede du nicht verstehst. Sein Köcher ist wie ein offenes Grab, sie alle sind Helden. Es frisst deine Ernte und dein Brot, es frisst deine Söhne und Töchter, es frisst deine Schafe und Rinder, es frisst deinen Weinstock und Feigenbaum, es zerschlägt mit dem Schwert deine befestigten Städte, auf die du vertraust. Doch auch in jenen Tagen - Spruch des Herrn - will ich euch nicht völlig vernichten. Wenn man dann fragt: Weshalb hat der Herr, unser Gott, uns das alles angetan?, so sag zu ihnen: Wie ihr mich verlassen und fremden Göttern in eurem Land gedient habt, so müsst ihr Fremden dienen in einem Land, das euch nicht gehört. (Jeremia 5:15-19)
So spricht der Herr: Wegen der drei Verbrechen, die Juda beging, wegen der vier nehme ich es nicht zurück: Weil sie die Weisung des Herrn missachteten und seine Gesetze nicht befolgten, weil sie sich irreführen ließen von ihren Lügengöttern, denen schon ihre Väter gefolgt sind, darum schicke ich Feuer gegen Juda; es frisst Jerusalems Paläste. (Amos 2:4-5)

Die Vergeltung von Gott sollte die Israeliten anschließend zur Umkehr bewegen, was allerdings nicht immer funktioniert hat:
Ich ließ euch hungern in all euren Städten, ich gab euch kein Brot mehr in all euren Dörfern und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir - Spruch des Herrn. Ich versagte euch den Regen drei Monate vor der Ernte. Über der einen Stadt ließ ich es regnen, über der anderen nicht; das eine Feld bekam Regen, das andere nicht, sodass es verdorrte. Zwei, drei Städte taumelten zu der einen; sie wollten Wasser trinken und blieben doch durstig. Und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir - Spruch des Herrn. Ich vernichtete euer Getreide durch Rost und Mehltau, ich verwüstete eure Gärten und Weinberge; eure Feigenbäume und eure Ölbäume fraßen die Heuschrecken kahl. Und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir - Spruch des Herrn. Ich ließ die Pest gegen euch los wie gegen Ägypten, eure jungen Männer tötete ich mit dem Schwert und gab eure Pferde (den Feinden) zur Beute; den Leichengestank von eurem Heerlager ließ ich euch in die Nase steigen. Und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir - Spruch des Herrn. Ich brachte über euch eine gewaltige Zerstörung wie die, die Gott einst über Sodom und Gomorra verhängte; ihr wart wie ein Holzscheit, das man aus dem Feuer herausholt. Und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir - Spruch des Herrn. Darum will ich dir all das antun, Israel, und weil ich dir all das antun werde, mach dich bereit, deinem Gott gegenüberzutreten. (Amos 4:6-12)
Ich aber, ich bin der Herr, dein Gott, seit der Zeit in Ägypten; du sollst keinen anderen Gott kennen als mich. Es gibt keinen Retter außer mir. Ich habe dich in der Wüste auf die Weide geführt, im Land der glühenden Hitze. Als sie ihre Weide hatten, wurden sie satt. Als sie satt waren, wurde ihr Herz überheblich, darum vergaßen sie mich. Deshalb wurde ich für sie zu einem Löwen, wie ein Panther lauere ich am Weg. Ich falle sie an wie eine Bärin, der man die Jungen geraubt hat, und zerreiße ihnen die Brust und das Herz. Die Hunde fressen sie dann und die wilden Tiere zerfleischen sie. Ich vernichte dich, Israel. (Hosea 13:4-9)

Gehorsam bringt Segen und Ungehorsam Strafe und Leid. Gott segnet und straft gleichermaßen.
Der Fluch des Herrn fällt auf das Haus des Frevlers, die Wohnung der Gerechten segnet er. (Sprichwörter 3:33)
Der Gerechte wird aus der Not gerettet, an seine Stelle tritt der Böse. (Sprichwörter 11:8)
Unglück verfolgt die Sünder, den Gerechten wird mit Gutem vergolten. (Sprichwörter 13:21)
Die einzige Möglichkeit, um bei Sünde Strafe zu vermeiden, war das Darbringen spezieller Opfer wie in Levitikus 1-7 beschrieben.
Er lege seine Hand auf den Kopf des Opfertiers, damit es für ihn angenommen werde, um ihn zu entsühnen. (Levitikus 1:4)
Wenn die Tage des Gastmahls vorbei waren, schickte Ijob hin und entsühnte sie. Früh am Morgen stand er auf und brachte so viele Brandopfer dar, wie er Kinder hatte. Denn Ijob sagte: Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und Gott gelästert in ihrem Herzen. So tat Ijob jedes Mal. (Ijob 1:5)
Der Priester soll die Fettteile mit dem Feueropfer des Herrn auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen und ihn so entsühnen, um ihn von seiner Sünde zu lösen, die er begangen hat; dann wird ihm vergeben werden. (Levitikus 4:35)
Wenn er sich am Heiligen verfehlt hat, soll er Ersatz leisten und noch ein Fünftel des Wertes hinzufügen. Er soll es dem Priester geben und dieser soll ihn mit dem Schuldopferwidder entsühnen; dann wird ihm vergeben werden. (Levitikus 5:16)

Was das Volk Israel anbetrifft, galt sozusagen die Sippenhaft, sprich das ganze Volk einschließlich unschuldiger Kinder und nachwachsender Generationen musste die Strafe erdulden. War sie abgegolten durch die leidenden Israeliten in der Gefangenschaft, so sollte den Israeliten vergeben werden.

Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten von der Hand des Herrn für all ihre Sünden. (Jesaja 40:1-2)
Nur für eine kleine Weile habe ich dich verlassen, doch mit großem Erbarmen hole ich dich heim. Einen Augenblick nur verbarg ich vor dir mein Gesicht in aufwallendem Zorn; aber mit ewiger Huld habe ich Erbarmen mit dir, spricht dein Erlöser, der Herr. (Jesaja 54:7-8)

Diese Rückkehr sollte glorreich und wundervoll sein. Die Errettung des Hauses Israels am Ende sollte durch das Erleiden der Strafe der Israeliten zustande kommen. Jesaja spricht nie davon, dass der Messias für die Sünden der Israeliten leiden würde, sondern der Knecht Israel selber (der Knecht ist Israel siehe Jesaja 41:8).

Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen. Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen und mit den Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein. (Jesaja 53:10-12)

Von den Christen wurde diese Passage später uminterpretiert als Prophezeiung des Sühnopfers Jesu. Die ursprüngliche Bedeutung war hingegen, dass wenn die Israeliten ihre Schuld getilgt hätten, Israel befreit werden würde. So wird nirgendwo der Messias erwähnt, auch wird das Leid als in der Vergangenheit liegend beschrieben. Auch Kapitel 49 (insbesondere Vers 3) macht deutlich, dass der für die Sünden Israels leidende Knecht das Haus Israel im Exil ist. Die Kapitel stammen von Deutero-Jesaja und wurden im Exil geschrieben. So wie die Sühnopfer von Levitikus für individuelle Errettung sorgten, so sollte das Opfer der Israeliten im Exil das ganze Haus Israel erretten.

Die ganze Idee hängt damit zusammen, dass Sünde zwangsläufig zu Strafe und Leid führt.
Und man muss Zweifel anmelden, ob Deutero-Jesaja von der Kreuzigung Jesu prophezeit hat oder ob vielmehr die Schreiber der Evangelien die Schilderung der Kreuzigung Jesu bewusst als Parallele zu Jesaja 53  und Psalmen 22 dargestellt haben.

Dies haben wir insbesondere dem anonymen Autor des Hebräerbriefs zu verdanken.
Aufgrund dieses Willens sind wir durch die Opfergabe des Leibes Jesu Christi ein für alle Mal geheiligt. … Dieser aber hat nur ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht und sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt. (Hebräer 10:10,12)

Aus der primitiven Sicht, dass Gottes Strafe auf Sünde folgt, welches Leid auf der Erde erklären sollte, entstanden erst die Opferriten der Israeliten. Daran anlehnend wurde das schreckliche Leid der Israeliten bei der Eroberung durch die Assyrer und Babylonier mit dem Sühnopfer für die Sünden des Hauses Israels versucht zu erklären. Und schließlich haben Paulus & Co. wiederum daran angeknüpft, um den schrecklichen Tod Jesu zu erklären.