Frieden im Herzen

Gestern waren die Sisters, also die Missionarinnen, bei uns. Eine der Sisters gab dann in ihrem geistigen Gedanken Folgendes zum Besten: Gott wisse alles, wir Menschen nicht - besonders nicht die Zukunft. Daher müssten wir uns auf Gott ausrichten. Und die Art und Weise, wie wir wissen könnten, dass etwas Gottes Wille ist, sei ein Gefühl des Friedens in uns. Denn Satan könne dieses Gefühl nicht nachmachen, alle anderen Gefühle schon.

Dabei berief sie sich auf Lehre und Bündnisse 6:23: "Habe ich deinem Sinn nicht Frieden in dieser Angelegenheit zugesprochen? Welch größeres Zeugnis kannst du haben als von Gott?"

Ist das ein wirklich verlässlicher Kompass, um Entscheidungen zu treffen. Und können derartige Gefühle nur von Gott kommen?

Es liegt doch in unserer Natur, dass sich Vorstellungen, die unseren Glaubensansichten widersprechen erst einmal negativ anfühlen. So ist nun mal unser Gehirn eingerichtet. Und wenn man diese negativen Gefühle per se Satan zuschreibt, wird man sich immer im Kreis drehen und wird nie zu der Erkenntnis gelangen können, dass die eigenen Glaubensansichten möglicherweise auf Illusion, Betrug, Indoktrination oder Ähnlichem beruhen. Das fatale an solchen Zirkelschlüssen ist, dass sie uns nicht bewusst sind oder wir tatsächlich glauben, uns von göttlicher Inspiration führen zu lassen.

Wenn ich aufgrund von Indizien zu dem Schluss komme, dass beispielsweise das Buch Mormon nicht historisch ist, dann "fühlt" sich diese Erkenntnis schlecht an. Wenn man die Hintergründe von Joseph Smiths Visionen, Frauengeschichten, Freimaurertum, Buch Abraham Papyri usw. erfährt, fühlt man sich nicht nur schlecht, sondern hundsmiserabel, belogen, betrogen, wütend, enttäuscht und vieles mehr. Diese miesen Gefühle sind jedoch kein Beweis dafür sei, dass die Schlüsse falsch sein müssen. Genauso wenig sind positive Gefühle ein Zeugnis für Wahrheit und schon gar nicht zwangsläufig übernatürlichen Ursprungs.  

Zur Ehrenrettung der Gefühle muss man sagen, dass unsere Intuitionen in unserem täglichen Entscheiden eine wichtige Rolle spielen und nicht klar von unserer Vernunft unterschieden werden können. Das Zustandekommen und Zusammenspiel von Gedanken und Gefühlen ist hochgradig komplex. Hierzu kann ich das Buch 'Die Kunst kein Egoist zu sein' sehr empfehlen. Hierin z.B.: "In unserem Gehirn spielen Irrationalität und Rationalität kaum unterscheidbar zusammen. Und wer in diesem wilden Zusammenspiel die Entscheidungsgewalt trägt, ist schwer zu bestimmen. Schon unsere Intuitionen können sich widersprechen. Sie können auf den Vorteil schielen oder auch auf den Lohn, sich nett zu fühlen. Und auch unsere Vernunft muss sich mit sich selbst nicht einig sein und zu einer klaren Entscheidung kommen. Humes »Kampfmodell«, wonach unsere Gefühle unseren Verstand unterwerfen, ist viel zu schlicht. Bereits unsere Gefühle tragen einen Bürgerkrieg untereinander aus, ebenso wie unsere vernünftigen Argumente. Mit der US-amerikanischen Philosophin Christine Korsgaard (*1952) von der Harvard University gesagt: »Dem Kampfmodell zufolge werden Vernunft und Gefühl als zwei Seelenkräfte betrachtet, von denen eine ein Handeln auslöst. Dies verschafft uns keine plausible Erklärung für das Zustandekommen eines Handelns. … Das Handeln darf nicht nur von irgendeiner Kraft in der Person, sondern muss von der ganzen Person ausgehen. Um also zu erklären, was ein Handeln ist, brauchen wir eine Vorstellung von der gesamten Person als handelndem Subjekt.« Ob wir nach Gründen entscheiden oder nicht doch nach der Stärke des damit verbundenen Gefühls, ist eine Frage, die wir nie genau beantworten können. Der Grund dafür ist klar: Unser Bewusstsein selbst unterscheidet gar nicht sauber zwischen Gefühlen und Gedanken. Gefühle können uns nachdenklichstimmen. Und Gedanken fühlen sich gut an oder schlecht."

Krass formuliert, aber nachvollziehbar



„Vielleicht aber sollte man einfach mal wieder mit den Mitteln des Verstandes an die Dinge herangehen und sich ernsthaft fragen, welcher Beweiswert Berichten über Hölle, Auferstehung und Himmelfahrt zukommt, die aus einer Zeit stammen, in der zahllose Wanderprediger, Weisheitslehrer, Wunderheiler und Wahrsager durch die Lande zogen und offenbar stets ein geneigtes und gläubiges Publikum fanden. Es sind verschiedensprachige Berichte über noch nie Gesehenes und noch nie Gehörtes, mehrere Jahrzehnte  nach dem Tod von Jesus niedergeschrieben aufgrund von überlieferten Erzählungen bei Textabfassung ebenfalls schon Verstorbener, die ihrerseits Vieles nur vom Hörensagen kannten und wohl in den seltensten Fällen,  wenn überhaupt, Augenzeugen gewesen sein dürften. Die Texte des schließlich in griechischer Sprache geschriebenen Neuen Testaments sprechen davon, dass für Jesus die Hölle ein selbstverständlicher Teil seiner gedachten göttlichen Ordnung war und dass er sie in beredten Worten als ein furchtbares, feuriges Strafgericht ausgemalt habe. Ist es so abwegig zu vermuten,  dass die Jahrzehnte später verfassten Berichte über die damaligen Geschehnisse im Interesse der Verkündigung ausgestaltet wurden, in der Überzeugung wiedergegeben, dass sie eine bedeutende Botschaft enthielten und deshalb – wie es damals weitverbreitet und üblich war! – zur Bekräftigung durch  außergewöhnliche, aber erfundene Ereignisse, wie seine Auferstehung, seine  Himmelfahrt oder seine Wundertaten, ergänzt wurden?
Noch naheliegender erscheint es mir, davon auszugehen, dass Jesus einer der damals üblichen altertümlichen, aber für uns heute indiskutablen Vorstellungen über Himmel, Hölle und einer alles regierenden Gottheit anhing,  weil er es in seiner Zeitgebundenheit einfach auch nicht besser wissen konnte. So wie er sich ja auch eindeutig irrte, als er seine Überzeugung äußerte,  dass das Weltenende unmittelbar bevorstehe (siehe z.  B. Markus 9, Vers 1!).  Dieses Nichteintreffen seiner Prophezeiung hat bekanntlich die frühe Christenheit in ärgste Verlegenheit gebracht. Aber – so wird mir an dieser Stelle  unverzüglich und unbeirrt entgegengehalten – wer an die Botschaft glauben  wolle, den vermag der zweifelnde Verstand nicht zu irritieren, der Zweifel  wird vielmehr als Versuchung des Teufels gedeutet, der es tapfer und glaubensstark zu widerstehen gelte. Dass man dabei einem einfältigen Zirkelschluss erliegt, verdrängt man in diesem Fall gern.  Nochmals sei es deshalb gesagt: Wieso soll ich einem Menschen glauben, der zwar von sich sagt: »Ich bin das Licht«, »Ich bin die Wahrheit«,  »Niemand kommt zum Vater denn durch mich«, den ich aber nur über  höchst fragwürdige Berichte kenne, über erzählte und wiedererzählte, unter nur bedingt geklärten Umständen verfassten und später fehlerhaft abgeschriebenen Texte, von denen man zudem durch Forschung sicher weiß, dass sie  an vielen entscheidenden Stellen im Sinne der Botschaft ge- und verfälscht wurden. Es sind Berichte über Geschehnisse, die zweitausend Jahre zurück liegen und von einem Menschen künden, der Gottes Sohn sein soll, über den aber so gut wie überhaupt keine nachprüfbaren geschichtlichen Fakten vorliegen. Anspruch und Versprechen, Behauptungen und Belege dieser Berichte stehen in einem so krassen Gegensatz zueinander, dass es mir nur gelänge, ihnen Glauben zu schenken, wenn ich meinen Verstand vollständig ausschalten würde.
Insofern besteht – für mich – ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen diesem Glauben und dem einem denkenden Menschen gegebenen  Verstand. Und nun kommt die eigentliche Pointe: Von der Annahme dieser absolut unsicheren und in Teilen auch nachweisbar gefälschten Berichte, gegen die sich mein nun mal nicht Ruhe gebender Verstand aufbäumt, soll mein Seelenheil abhängen? Was für eine groteske Lehre! Kein Wunder, dass die Kirche mit der Hölle drohen musste, um die ihnen ausgelieferten Untertanen zu Gläubigen zu machen.  Nun könnte ein Gläubiger mit einem gewissen Recht argumentieren, dass er als aufgeklärter Mensch auf solche Glaubenselemente wie Jungfrauengeburt, Hölle, Wiederauferstehung und Himmelfahrt, da sie ihm nicht glaubensnotwendig erscheinen, durchaus verzichten könnte, ohne den eigentlichen Kern der christlichen Botschaft in Frage zu stellen. Dieser bestünde darin, anzuerkennen, dass Jesus Gottes Sohn ist und durch seinen Tod stellvertretend die Sünden der Menschheit übernommen hat, um diese mit Gott  wieder zu versöhnen. Da er – so dieser Gläubige – durch seine Taufe die Zugehörigkeit zur Kirche dokumentiere und durch Teilnahme am Abendmahl dieses Bündnis immer wieder festige und ansonsten ein christlichkirchlich orientiertes und bußfertiges Leben führe, erfülle er alle wichtigen  Bedingungen, die für einen wahren Christen erforderlich seien.  Lassen wir es dahin gestellt sein, welche Glaubenselemente die Kirche als unerlässlich für das Heil und die Erlösung ansieht. Was mich interessiert und zeitlebens beschäftigt hat, ist die Frage, was dieser Opfertod eigentlich bedeutet und was sich hinter der Zeremonie des Abendmahls verbirgt. Sind diese nun wirklich zentralen Glaubensbestandteile in ihrer eigentlichen Bedeutung einem heutigen Menschen noch vermittelbar? Worauf zieht sich ein »aufgeklärter« Christ tatsächlich zurück, der – wie eben dargestellt – meint,  seinen Glauben auf diese zentralen Aussagen reduzieren zu können? Sind diese Kernaussagen wenigstens glaubhafter und vor allem eines aufgeklärten  Menschen würdig? Ich meine, das Gegenteil ist der Fall und die Vorstellungen, die hinter Opfertod und Abendmahl stehen, sind – wie ich jetzt erläutern möchte – für mich geradezu abstoßend. 
Der Tod von Jesus am Kreuz ist nach christlicher Auffassung als Sühneopfer zu verstehen, um den durch die Sünden der Menschheit erzürnten Gott zu versöhnen. Von Urzeiten her hatte solches Opfern die Funktion, mit der Gottheit Kontakt aufzunehmen, um ihr Unterwerfung und Verehrung kund zu tun und sie gnädig zu stimmen. Man gab ihr etwas sehr Wertvolles hin und erwartete meist eine entsprechende Gegenleistung. Geopfert wurden zum Beispiel der Erstgeborene, Jungfrauen, besonders schöne und wertvolle Tiere, kostbare Speisen oder es erfolgte ein Verzicht auf eigene Lebensentfaltung. Dabei stellte das Opfern des eigenen Sohnes ein ganz besonders  großes und schweres Opfer dar. Der Opfernde erwartete seinerseits eigenes Wohlergehen, Hilfe in Notfällen, Kindersegen, Kriegserfolg oder zum Beispiel Versöhnung nach göttlicher Bestrafung wegen vorangegangenen sündigen Verhaltens. Gewisse Opferriten dieser Art sind heute noch üblich zum Beispiel bei afrikanischen oder ozeanischen Naturvölkern, deren Weltverständnis etwa den Vorstellungen entspricht, die zu biblischen Zeiten das Denken der Menschen beherrschten und – so muss man ergänzen – offenbar auch noch dem  Weltbild eines überzeugten Christen entspricht. Denn wenn man den Kreuzestod als Opfer versteht und so akzeptiert, dann übernimmt man notwendigerweise auch das altesttamentarische archaisch-inhumane Gottesbild und  das damit zusammenhängende Denken aus dieser biblischen Zeit! Opfer  dieser Art stellten Unterwerfungsgesten von Menschen dar, die sich dem  Zorn Gottes in Form von Naturgewalten oder Krankheiten schutzlos ausgeliefert sahen und in der Gottheit eine Macht anbeteten, die dieses Ungemach  von ihnen abwenden konnte. Wo ist der prinzipielle Unterschied zu den von uns belächelten Praktiken von Ureinwohnern in Afrika und Neuguinea oder  gar jenen mit Abscheu betrachteten Opferriten der Azteken, die meinten, mit lebenden Menschen als Opfergabe die Götter besänftigen zu können?
Zwar ist davon auszugehen, dass Jesus vom Hohen Rat wegen Gotteslästerung und von Pilatus aus Sicherheitsgründen verurteilt worden ist, die Deutung von Jesus Tod als Opfer zur Versöhnung Gottes mit uns Menschen ist sicher später erfunden worden. Außerdem kann ich über die geradezu krämerseelenhafte Verrechnung von Sünde  und Sühne nur den Kopf schütteln. Fühlt sich Gott gar einem noch über ihm  stehenden Gesetz verpflichtet, das diesen Ausgleich fordert? Fällt einer allmächtigen, allwissenden und uns so unendlich überlegen  scheinenden Gottheit nichts anderes ein als eine Hinrichtung grausamster Art, um diesen angeblich notwendigen Ausgleich herbeizuführen? Wir sind offenbar  durch frühkindliche Indoktrination – was man wohl noch deutlicher als geistige Vergewaltigung bezeichnen sollte – und durch die sich ständig wiederholende Beschäftigung mit diesem damaligen Geschehen blind und unempfänglich geworden für das, was sich da eigentlich zugetragen hat (bzw. zugetragen haben soll!). Die Opferung des eigenen Lebens als einzig mögliche  Gegenleistung und der am Kreuz hängende tote Jesus erscheinen uns so normal und selbstverständlich, dass wir überhaupt nicht mehr auf den Gedanken  kommen, uns die Absurdität dieses Geschehens und die damit verbundene verstandesmäßige Zumutung bewusst zu machen.   […] Modern gesprochen könnte man sagen: Gott funktionalisiert seinen Sohn. Er zeugt ihn, lässt ihn ein Paar Jahre seine Botschaft verkünden  und der Versöhnung mit der Menschheit wegen später foltern und »abschlachten«. Danach lässt Gott entgegen seiner Liebeslehre mit viel Gewalt  aber nur relativem Erfolg unter Verwendung des Bildes des hingerichteten Sohnes die Botschaft von seiner himmlischen Existenz in der Welt verbreiten. Grotesker geht es nach meinem Empfinden nicht mehr.   
Ich weiß, dass ich mit solchen Kommentierungen so manchen überzeugten Christen vor den Kopf stoße, insofern bitte ich ehrlich um Nachsicht. Ich  schreibe solche Worte aber nicht aus Lust an der Provokation. Ich wäre einfach unehrlich, wenn ich an dieser Stelle nicht sagen würde, was ich empfinde und wie man den Sachverhalt aus der Sicht eines neutralen Beobachters  darstellen könnte, ich würde sagen: darstellen muss. 
Die Theologin  UTA RANKE-HEINEMANN (*1927) notiert fast zynisch:   »Das Christentum ist die Religion der Verherrlichung einer konkreten historischen Hinrichtung, der Hinrichtung Jesu, denn die Kirche sieht in ihr eine Erlösung durch Blut. Für die Christen ist damit die Todesstrafe die Voraussetzung ihrer Erlösung. Die Todesstrafe ist sozusagen geheiligt als Mittel dieser Erlösung. Gott ist der oberste Anwalt der Todesstrafe, da er seinen Sohn zum Tode verurteilte und die Kreuzigung gewollt hat.«   
Etwas weiter heißt es:   »Der Mensch stand immer, wenn es ihm diente, auf Tod und Blut. Immer hat er im Töten ein Mittel gesehen, Übel zu beseitigen, durch Todesstrafe, Kriege und durch die Vernichtung von Bösem. Blut hat für die Menschen eine erlösende Funktion.«
Dass es so ist, wie die letzten Sätze feststellen, ist nicht verwunderlich: Der Gott der Bibel hat es uns vorgemacht und den Maßstab gesetzt! Erlösung durch Vollzug der Todesstrafe an einem an sich Unschuldigen! […]
Zutreffender dürfte wohl die Erklärung sein, dass hier ein typisch menschliches Verhalten, nämlich für das eigene Versagen einen »Sündenbock« zu benennen, in ein religiöses Muster umgeformt wurde. Das »Lamm Gottes«  (Johannes, Kap. 1, Vers 29), das für andere büßt, ist der Sündenbock, der  alle unsere Schuld auf sich nehmen muss. Wie bequem und zugleich schäbig  und daher zu Recht geächtet ist es, andere stellvertretend für eigene Untaten büßen zu lassen. Durch religiöse Verklärung wird daraus ein göttliches Geschenk, durch das in buchhalterischer Art und Weise Schuld und Sühne angeblich verrechnet werden. Mit einem solchen Versprechen lassen sich erfolgreich Seelen einfangen.
 Sehr aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist auch hier wieder ein Blick in die Religionsgeschichte. Kultische Mahlzeiten als Ausdruck der Gemeinschaft des Menschen mit Gott und der Menschen untereinander gibt es in vielen Religionen. Sinn eines solchen Mahles ist eine Opferung, die der  Verbindung zu Gott dient und dem ein Teil des Opfers übergeben wird. Andere Mahlkulte gehen von der Vorstellung aus, dass die Opfernden sich göttliche Kraft aneignen, wenn sie die Gottheit verspeisen. Solche Kultmahlzeiten waren in den griechischen und hellenistischen Geheimkulten weit verbreitet. Der wesentlich ältere iranisch-vorindische Mithraskult beispielsweise kannte nicht nur eine Taufe sondern auch eine Art Abendmahl, das in Erinnerung an die letzte Mahlzeit des Gottes Mithras, bevor er in den Himmel zurückkehrte, festlich begangen wurde. (Der Mithraskult stellt somit ein höchst bemerkenswertes Vorbild dar!) Man darf davon ausgehen, dass in ganz früher Zeit solche Kultmahle kannibalische Mahle waren, bei denen Menschenopfer verspeist wurden.  Kann man nach diesen Ausführungen über Opfertod und Abendmahl noch der Auffassung sein, dass diese Kernelemente christlichen Glaubens geringere Akzeptanzprobleme heraufbeschwören als die Jungfrauengeburt, die Existenz der Hölle, die Wiederauferstehung Jesu und dessen Himmelfahrt? Die schon mehrmals zitierte katholische Theologin U TA RANKE-HEINEMANN äußert in bemerkenswerter Offenheit, was ich bisher allenfalls zu denken wagte. Sie spricht in Bezug auf das Abendmahl vom »christlichen Kannibalismus des Menschenblut-Trinkens«.    Kann man seinen Abscheu vor einer seit Jahrhunderten mit größter Selbstverständlichkeit und Überzeugung geübten kirchlichen Praxis noch drastischer ausdrücken? In der Tat erinnern solche Riten an Praktiken, wie sie uns aus steinzeitlichen Menschheitsperioden oder von primitiven Völkern berichtet werden. Auch wenn manche Kirchen nur noch von einer symbolischen Anwesenheit Jesu beim Abendmahl sprechen, so ändert das nichts an den schon höchst fragwürdigen Worten Jesu zur Einsetzung dieses Ritus und an dem dahinter stehenden, uralten Mythen entsprungenen und für mich einfach abwegigen Gedanken.
In einem Beitrag »Das unbekannte Christentum« zitiert der an der Universität Frankfurt am Main lehrende Ethnologe KARL-HEINZ KOHL den Philosophen und Gelehrten P ORPHYRIUS (233 bis ca. 304 n. Chr.) und verweist  auf dessen vehement ablehnende Auffassung vom christlichen Abendmahl:   »Ist denn dies nicht tierisch und widersinnig, ja vielmehr widersinniger als aller Widersinn und tierischer als tierische Rohheit, dass ein Mensch Menschenfleisch essen und seines Stammesgenossen und Verwandten Blut trinken und dafür das ewige Leben bekommen soll? ... Welch ein Verbrechen werdet ihr [gemeint sind die Christen,  U.L.] noch aufbringen, das fluchbeladener wäre als diese ekelhafte Ruchlosigkeit?« Bemerkenswert an diesen Äußerungen aus der Anfangszeit des Christentums erscheint mir, dass hier offenbar ein unvoreingenommener Verstand spricht, dessen Blick noch nicht durch frühkindliche religiöse Einübung und jahrhundertlange kulturelle Prägung verstellt ist, der noch fähig ist, eine solche religiöse rituelle Handlung als das zu erkennen, was sie ist: ein bizarrer kannibalischer Kult aus überkommener Zeit. Ich frage mich, wie man einem Menschen des 21. Jahrhunderts eine solche, mich an Voodoo-Kulte oder dergleichen gemahnende Magie als heilsbringende Handlung anbieten kann.   
Resümierend möchte ich feststellen, dass für mich der christliche Glaube  nichts anderes ist als eine – zugegeben eindrucksvoll ausgefeilte – gedankliche Konstruktion, die sich aus älteren religiösen Vorbildern und uralten Mythen im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat, dabei zugleich immer auch  ein Instrument machtpolitischen Agierens war. Es handelt sich für mich um  ein Gedankengebäude, das aus dem Bedürfnis nach Überwindung von Not,  Krankheit und Tod als Wunschvorstellung entstand, dessen Bezugspunkt im Jenseits nur in den Köpfen der Gläubigen existiert und dem im Diesseits jede glaubwürdige Begründung fehlt. Dass dieser Glaube für unzählige Menschen dennoch von großer Anziehungskraft ist, zumal ohnehin die allermeisten in diesen hinein geboren wurden, erklärt sich aus Angst und Verzweiflung und der daraus entstandenen Hoffnung auf Erlösung aus irdischem Leid, auf Wiedergeburt und ausgleichende Gerechtigkeit dermaleinst im Jenseits.   
Bedingt durch eine zweitausendjährige »Bauzeit« ist zweifellos ein Gebäude von geradezu überwältigender Größe entstanden, sowohl in seiner äußeren Erscheinung wie in seinen geistigen, sprich theologischen Dimensionen. Da erscheint es ruchlos und vermessen und die eigene Größe maßlos  überschätzend, sicherlich auch viele Gläubige und ehrlich und uneigennützig  engagierte Priester, Pfarrer und Pfarrerinnen vor den Kopf stoßend, wenn man  dieses Glaubensgebäude, das Trost und Hilfe nicht nur verspricht, sondern in ungezählten Fällen auch spendete und spendet, als bloße Projektion unserer sehnlichsten Wünsche bezeichnet, als ein Gebäude, das allenfalls im Diesseits seinen Grund hat. […] 
Auf jedem noch so verstiegenen oder einfachen, abartigen oder auch vernünftigen Gedanken, wenn er denn nur ein irgendwie manipulierbares und  ausbeutbares menschliches Bedürfnis anspricht, lässt sich offenbar ein komplexes Glaubensgebäude errichten. Mit theologischer Hilfe ist ein solches Gebäude nach einer gewissen Zeit fertig gestellt und bietet einer verunsicherten  Psyche eine willkommene Gelegenheit, sich hinein zu flüchten. Die christliche Lehre ist für mich ein Beispiel für eine solche gedankliche Konstruktion. Die ursprüngliche Idee, der Traum von einem Weiterleben im Jenseits, ist in den Rang einer subjektiven Wahrheit, einer nicht mehr in Frage gestellten Wirklichkeit gerückt. Wievielen Menschen christlichen Glaubens ist eigentlich diese irrationale Wandlung von einem bloßen Wunsch zu einer festen Überzeugung bewusst? Und wenn sie ihnen bewusst ist, wollen sie sie wahrhaben? Dennoch ist nicht zu leugnen, dass der christliche Glaube auch heute noch  Abermillionen Menschen Trost und Hilfe bedeutet. Aber ebenso wenig sind  die intellektuellen Zumutungen und nicht wieder gut zu machenden Verfehlungen und Untaten zu ignorieren, die aus dieser Glaubensidee erwuchsen.   Denn was für eine absurde Konstruktion! […] Es heißt, dass [der Mensch] seiner  Verderbtheit wegen der Erlösung durch ein schaurig-blutiges Menschenopfer  bedürfte. Nur der unbedingte Glaube an diese Botschaft führt ins Paradies und zu ewigem Leben, andernfalls droht entsetzliche Apokalypse und ewige  Höllenpein. Zur frohen Botschaft des Heilsversprechens gesellt sich als ständiger Begleiter die unterschwellige Angst vor der Rache Gottes. Der Auftrag, die Nachricht von dem versprochenen Heil in alle Welt zu tragen, wurde mit gnadenloser Unduldsamkeit ausgeführt und verlangte der übrigen  Menschheit millionenfach Opfer ab. Man sehe es mir nach, wenn ich zu dieser obskuren Kopfgeburt ein entschiedenes »Nein, danke!« sage. Welch ein Kontrast zwischen dieser Glaubensbeschreibung und der fröhlichen Frömmigkeit eines überzeugten Kirchgängers oder dem hoffnungsgeladenen Beten eines Wallfahrers. Was fehlt mir, dass ich mich einer solchen  heilsgewissen Gläubigkeit verweigere?       ….“   (aus Uwe Lehnert, Warum ich kein Christ sein will)

Die 10 Gebote

Welche Liste reflektiert einen höheren ethischen Maßstab?

Die Zehn Gebote des Mose
1. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. 
2. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.
3. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht.
4. Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt.
5. Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.
6. Du sollst nicht morden.
7. Du sollst nicht die Ehe brechen.
8. Du sollst nicht stehlen.
9. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
10. Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgend etwas, das deinem Nächsten gehört. 



Die Zehn Angebote des evolutionären Humanismus (Kurzfassung)
1. Diene weder fremden noch heimischen „Göttern“, sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern!
2. Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten!
3. Habe keine Angst vor Autoritäten, sondern den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
4. Du sollst nicht lügen, betrügen, stehlen, töten – es sei denn, es gibt im Notfall keine anderen Möglichkeiten, die Ideale der Humanität durchzusetzen!
5. Befreie dich von der Unart des Moralisierens! Trage dazu bei, dass die katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden, unter denen Menschen heute verkümmern, und du wirst erstaunt sein, von welch freundlicher, kreativer und liebenswerter Seite sich die vermeintliche „Bestie“ Homo sapiens zeigen kann.
6. Immunisiere dich nicht gegen Kritik! Ehrliche Kritik ist ein Geschenk, das du nicht abweisen solltest.
7. Sei dir deiner Sache nicht allzu sicher! Zweifle aber auch am Zweifel! Selbst wenn unser Wissen stets begrenzt und vorläufig ist, solltest du entschieden für das eintreten, von dem du überzeugt bist. Sei dabei aber jederzeit offen für bessere Argumente, denn nur so wird es dir gelingen, den schmalen Grat jenseits von Dogmatismus und Beliebigkeit zu meistern.
8. Überwinde die Neigung zur Traditionsblindheit, indem du dich gründlich nach allen Seiten hin informierst, bevor du eine Entscheidung triffst!
9. Genieße dein Leben, denn dir ist höchstwahrscheinlich nur dieses eine gegeben!
10. Stelle dein Leben in den Dienst einer „größeren Sache“, werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen woll(t)en! Eine solche Haltung ist nicht nur ethisch vernünftig, sondern auch das beste Rezept für eine sinnerfüllte Existenz. 

Allein, dass im 10. mosaischen Gebot Frauen mit Sklaven, Tieren und sonstigen „Besitztümern“ in eine Reihe gestellt werden und die Sklavenhaltung akzeptiert wird, zeigt die mangelnde ethische Grundhaltung der Autoren.

Vision oder Halluzination?



Wikepedia führt zu ‚Erscheinungen‘ aus:
„Die Übergänge zwischen „Erscheinungen“ unterschiedlichster Art wie Schemen, dem Geist eines Toten, den Geistern der Ahnen oder Gespenstern, von Spukgestalten oder Dämonen vielfältigster Gestalt oder von Teufeln und Engeln jeder Art bis hin zu „Visionen“ sonstigen Inhalts mit stimmlichen und dann zumeist als „Offenbarungen“ oder „Verkündigungen“ aufgefassten Erlebnissen sind fließend. Von Hellsehen wird dabei dann gesprochen, wenn das Normalbewusstsein von Seher oder Seherin mitsamt der Fähigkeit erhalten bleibt, mit der Umgebung in Kontakt zu bleiben, und von visionären Erlebnissen, wenn die Konzentration auf das visionäre Geschehen derart hochgradig ist, dass anderes nicht mehr beachtet oder sogar aus der Wahrnehmung und somit aus dem Bewusstsein der Betreffenden ausgeschlossen ist. Eine Verwechselung mit Halluzinationen liegt nahe, psychologische Beziehungen zwischen den verschiedenen Erlebnisweisen sind ungeklärt.“

Wie verhielt es sich beispielsweise mit den wundersamen ‚Erscheinungen‘ im Zusammenhang mit der Weihung des Kirtland-Tempels? Im Ensign von 1981 lesen wir dazu:

„Nachdem all die Männer gesalbt worden waren, bezeugte Joseph Smith: "Die Himmel öffneten sich uns", und er "schaute das celestiale Reich Gottes und dessen Herrlichkeit" (LuB 137:1-10; History of the Church, 2: 380-81). Er sah "den strahlenden Thron Gottes, auf dem der Vater und der Sohn saßen." Er "sah die schönen Straßen jenes Reiches, die aussahen, als seien sie mit Gold gepflastert." Er sah "Vater Adam und Abraham" und andere, die damals lebten, darunter sein Vater (der mit ihm im Zimmer war), seine Mutter (die zu Hause in Kirtland war) und seinen verstorbenen Bruder Alvin. Er sah die zwölf Apostel, die im Jahr zuvor berufen worden waren, und er sah Jesus dastehen in ihrer Mitte. Er sah im himmlischen Reich auch die Präsidentschaft und viele andere.“ (Ensign, März 1981, S. 60)

Beachtenswert ist, dass sich die Vision bei Joseph im Kopf abspielte als Mischung aus Wirklichkeit und Vision. Er sah sowohl himmlische Wesen als auch Menschen aus seiner unmittelbaren Umgebung vereint. Es erinnert mich an Edgar Cayce, der ebenfalls aus irgendeiner Quelle des Unterbewusstseins beeindruckende Visionen fabrizieren konnte:
http://wiki.atlantisforschung.de/index.php/Edgar_Cayce:_Der_Atlantisforscher_wider_Willen

Das Weihnachtsmärchen



Schauen wir uns mal an, was die Evangelien über die Geburt Jesu zu berichten haben:

Bei Markus, dem ältesten Evangelium, fehlt die wundersame Geburtsgeschichte. Hier wird Jesus erst mit seiner Taufe zum Gottessohn erklärt. Dies legt nahe, dass die Geburtsgeschichte erst später hinzugedichtet wurde. Schließlich waren wundersame Geburtsgeschichten sozusagen Markenzeichen von Göttern der Antike. Und da durfte Jesus ja nicht ins Hintertreffen geraten.

So wird die Geburt von Apollonius von Tyana folgendermaßen beschrieben: Als seine Mutter der Geburt entgegensieht, erscheint ihr eines Tages eine hohe Engelsgestalt, die hell leuchtet. Der Engel gibt sich als Proteus, der ägyptische Gott, zu erkennen und kündet seine Vaterschaft an. Die Geburt selbst findet an einem außergewöhnlichen Ort statt: Kurz vor der Geburt hat seine Mutter einen Traum, in dem die Weisung erhält, in die Wiesen hinauszugehen. Von allen Seiten kommen Schwäne herangeflogen und lassen zusammen mit einem milden Südwestwind einen Gesang ertönen; dann fällt ein mächtig aufleuchtender Blitz auf sie hernieder. Von da an, heisst es, wurde Apollonius ein Sohn Gottes genannt.

Bei Matthäus wurde Maria durch das Wirken des Heiligen Geistes schwanger woraufhin Josef im Traum ein Engel erscheint und ihm nahelegt, Maria dennoch zu heiraten und dem Kind den Namen Jesus zu geben. Nach Matthäus lebte das Paar in Bethlehem. Rund ein Jahr nach der Geburt Jesu kamen die Sterndeuter, Josef erschien wiederum ein Engel im Traum, woraufhin sie nach Ägypten flohen, um dem  von Herodes befehligten Kindermord  zu entgehen. Als Herodes gestorben war, erschien Josef erneut ein Engel im Traum und sie zogen zurück, aber nicht nach Bethlehem, sondern nach Nazaret in Galiläa.

Bei Lukas schließlich leben Maria und Josef von Anfang an in Nazaret und reisten nur wegen der Volkszählung nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde und Heerscharen von Engeln Hirten erschienen, die daraufhin nach Bethlehem gingen, um das Baby zu sehen.

Ja, was denn jetzt? Die beiden Evangelien Matthäus und Lukas widersprechen sich somit fundamental in Bezug auf so gut wie alle Umstände der Geburt bis auf den Geburtsort Bethlehem und die spätere Heimatstadt Nazaret. Beide Autoren versuchten allem Anschein irgendwie zu erklären, warum Jesus der bekanntermaßen aus Nazaret stammte, dennoch in Bethlehem geboren war, weil dies angeblich so im Alten Testament vorhergesagt wurde (Micha 5:1; allerdings nur, wenn man bspw. Vers 5 ignoriert, wo der prophezeite Führer als Kriegsheld dargestellt wird). Dummerweise haben sie sich die beiden Autoren bei ihrer Erklärung nicht abgesprochen. Trotz der Widersprüche wurden einfach beide Versionen vermengt und so treffen sich jetzt in Krippen die Hirten mit den Sterndeutern. Doch damit nicht genug: Auch die weiteren Elemente der Geschichte erweisen sich als Potpourri antiker Götterlegenden und alttestamentlicher Motive. Dies zeigt sich in vielen Details:

1. Historische Unstimmigkeiten

  • Kein römischer Kaiser hat jemals einen so unsinnigen Völkerwanderungsbefehl gegeben von ihrem Wohnort zu den jeweiligen Heimatstädten und zurück, um gezählt zu werden. Eine Volkszählung hingegen hat es im Jahr 6 n.Chr. gegeben.
  • Josephus berichtet von vielen Grausamkeiten des Herodes, aber nicht von einer massenhaften Kindestötung in Bethlehem.

2. Heidnische Motive

  • Sterne können kaum auf ein bestimmtes Gebäude zeigen, da sie viele Lichtjahre entfernt sind. Sterne als Zeichen für die Geburt herausragender Persönlichkeiten war in der Antike ein weit verbreitetes Motiv.
  • Göttliche Vorankündigungen der Geburt  waren der vorchristlichen Welt wohlvertraut. Das bezeugen auch die so genannten »Religionsgespräche am Hofe der Sassaniden«: „Herrin, sprach eine Stimme, der große Helios hat mich abgesandt zu dir als Verkünder der Zeugung, die er an dir vollzieht … Mutter wirst du … eines Kindleins, dessen Name ist ›Anfang und Ende‹.“
  • Die verschiedensten Sagen erzählen von Göttersöhnen, die aus der Vereinigung Gottes mit einer irdischen Frau entstanden sind: Amon-Re, Herakles, Asklepios u.a.
  • Das Motiv der reisenden Mutter, die keinen Platz fi ndet, ihr Kind zu gebären findet sich auch bei Leto, der Mutter Apollos, wieder.
  • Das Kind in der Krippe erinnert an Dionysos in der Wiege, in der Getreideschwinge.
  • Der Tötungsbefehl des Herodes findet eine Parallele im Befehl des Mederkönigs Astyages, den neugeborenen Kyros zu töten.
  • Lichterscheinungen in der Nacht sind Teil vieler Mysterienfeiern: „Mitten in der Nacht sah ich die Sonne strahlend im leuchtenden Licht“, heißt es von der Isisweihe. In Eleusis lautet der Jubelruf der Hierophanten: „Einen heiligen Knaben gebar die Herrin“, bei der hiervon abhängigen alexandrinischen Aionfeier: „In dieser Stunde, heute, gebar die Jungfrau den Aion“, und: „Die Jungfrau hat geboren, das Licht geht auf.“ Bei Osiris heißt der Ruf: „Der Herr aller Dinge geht ans Licht hervor … ein großer König und Wohltäter, Osiris, ist geboren“, und im Herrscherkult: „Ein König ist euch geboren…und er nannte ihn Charilaos, weil alle sehr froh wurden.“
  • Die Erwartung eines Messias war keine rein jüdische Vorstellung. In Babylonien und Ägypten war die Vorstellung von einem kommenden Retter und einer seligen Endzeit bekannt. Zarathustra sprach vom kommenden Gottesreich und über Ramses den IV. heißt es:
  • „Welch schöner Tag! Himmel und Erde freuen sich, (denn) du bist der große Herr von Ägypten. Die geflohen waren, sind wieder zu ihren Städten gekommen, und die verborgen waren, sind wieder hervorgekommen. Die da hungerten, sind gesättigt und fröhlich, und die da dursteten, sind trunken. Die da nackt waren, sind in feines Linnen gekleidet, und die da schmutzig waren, haben weiße Kleider. Die im Gefängnis waren, die sind freigelassen, und wer gebunden war, der ist voll Freude. Die da stritten in diesem Land, die sind zu Friedlichen geworden. Große Nile sind aus ihren Höhlen gekommen, daß sie das Herz der andren erfrischen.“
  • Auch der assyrische König Assurbanipal (668–626 v. Chr.) wurde als der erwartete Heilbringer und Gottessohn gefeiert, mit dessen Regierung das neue Zeitalter beginne. „Die Kinder singen, die Frauen gebären leicht, die Kranken genesen, die Greise hüpfen, die Hungrigen werden gesättigt und die Nackten bekleidet.“

3. Spätere Veränderungen

  • Je später das Evangelium geschrieben wurde, um so ausgeschmückter wurde berichtet. Bspw. wurde aus der Engelserscheinung im Traum eine reale Erscheinung und der Engel hatte auch einen Namen usw.
  • Die Stammbäume zeigen Josef als Linie, stammen also wohl noch aus der Zeit, als er als der leibliche Vater Jesu galt.
  • Passagen wie Markus 6:4 („Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie.“), Markus 3:21, Matth. 12:46 ff. oder Johannes 7:5 widersprechen der den Eltern bei der Geburt bekannten Berufung Jesu.

4. Darstellung als prophetische Erfüllung und alttestamentliche Anlehnungen

  • Die Prophezeiung in Matth. 2:23 gibt es nirgendwo, bezieht sich vermutlich auf ein irrtümliches Verständnis von Jesaja 11:1 (Nezer = junger Trieb).
  • Der ägyptische Aufenthalt beruht ebenfalls auf einem Missverständnis: Hosea 11:1 handelt nicht vom Messias, sondern vom Volk Israel.
  • Eine weitere „Erfüllungssage“ ist die des Kindermordes durch Herodes, wodurch sich Jeremia 31:15 erfüllt haben soll, wenngleich hierbei von Rama die Rede ist, welches auf der ganz anderen Seite von Jerusalem liegt. Vermutlich hat sich der Autor von Matthäus von der Mosegeschichte inspirieren lassen, der ja Ägypten zeitweilig verlassen musste (vergleiche Exodus 4:19 mit Matth. 2:20).
  • Lukas 1:31 ff. scheint in Anlehnung an Genesis 16:7 ff., Genesis 17:19 und Richter 13:3 ff. geschrieben worden zu sein.
  • Die Berufungsgeschichte Marias in Lukas 1 folgt dem üblichen alttestamentlichen Schema: 1. Berufung, 2. Einwand, 3. Beseitigung der Bedenken, 4. Beglaubigungszeichen (siehe bspw. Exodus 3:10-12).
  • Die Verheißung in Jesaja 7:14 bzgl. einer jungen Frau, die schwanger werden, gebären und ihren Sohn Immanuel nennen werde, kann wohl kaum auf Maria und Jesus gemünzt gewesen sein, da Vers 15 und 16 von der unmittelbaren Eroberung durch die Assyrer spricht. Und Immanuel hat Maria ihren Sohn auch nicht genannt.
  • Die Lobpreisung Marias in Lukas 1:46-55 ist ein Sammelsurium alttestamentlicher Zitate (1. Samuel 2:1, Habakuk 3:18, Genesis 30:13, Psalm 110:9, 103:17,18, 89:11, 2. Samuel 22:28…). Kaum Vorstellbar, dass diese Zusammenstellung von Maria stammt, wohl aber von einem Autor, der krampfhaft Jesus als alttestamentlichen Messias darstellen will. Genauso ist der Gruß Elisabeths in Lukas 1:42 ein Zitat aus Richter 5:24.

Übrigens war der Engel Gabriel kein so friedlicher Genosse, wie ihn die Weihnachtsgeschichte darstellt. Laut Daniel im Alten Testament hat er Kriege unter den Engeln geführt: „Er sagte: Weißt du, warum ich zu dir gekommen bin? Ich muss bald zurückkehren und mit dem Engelfürsten von Persien kämpfen. Wenn ich mit ihm fertig bin, dann wird der Engelfürst von Jawan kommen.“ (Daniel 10:20)

Und was ist mit der Davidsohnschaft Jesu? Die Stammbäume in den Evangelien widersprechen sich gegenseitig und führen beide am Ende Josef statt Maria auf. Und ist die Abstammung von David wirklich so erstrebenswert? So war David bevor er König wurde ein Plünderer und Räuber. Er ließ als König zwei Söhne und fünf Enkel Sauls hinrichten, um eine Hungersnot abzuwenden, aber wohl eher, um potenzielle Rivalen auszuschalten. Und wie passt der Fluch nach seinem Ehebruch („Darum soll jetzt das Schwert auf ewig nicht mehr von deinem Haus weichen“ 2. Sam. 12:10) mit einem von ihm abstammenden Friedenskönig zusammen?

So anrührend die Weihnachtsgeschichte nach Lukas auch sein mag, bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich als überwiegend legendenhaft und unhistorisch. So wie wir längst wissen, dass das Weihnachtsfest selber heidnischen Ursprungs ist - wurde doch am 25. Dezember, dem Tag der Sonnenwende, seit jeher die Geburt des Mithras und auch die Geburt von Osiris, dem Sonnengott Ägyptens, gefeiert. Aber nun müssen wir auch feststellen, dass nicht nur Weihnachtsmann und Stollen für das Christentum adaptiert wurden, sondern gar die Lukassche Weihnachtsgeschichte nur die phantasievolle Zusammenstellung antiker (Halb-) Götter-Geburtsgeschichten darstellt.