Geistige Erlebnisse

Irgendwas davon vertraut? Warum berichten sie alle von ähnlichen Erlebnissen, ähnlicher spiritueller Bestätigung? Könnte es sein, dass unsere Gefühle nicht sonderlich vertrauenswürdig sind? Wir besser noch einen andere Art von Glaubens-Check einbauen? Oder sind die alle nur fehlgeleitet, ich aber nicht? Könnte es neben optischen Illusionen auch emotionale oder spirituelle Illusionen geben? Könnte uns unser Gefühl so in die Irre führen? 


Abend mit Elder M. Russell Ballard

Einfach großartig, wie viel Hochachtung die Mormonen-Führung für diejenigen aufbringt, die kritische Fragen stellen:

"Nun für Phoebe, Marion und William wurde das Hören eines reinen Zeugnisses zum Katalysator, der ihr Leben für immer veränderte. Das gleiche kann für Ihre Schüler wahr werden. Doch angesichts der Realitäten der heutigen Welt kann ein reines Zeugnis nicht immer ausreichen. Phoebe, Marion, und William waren sauber und rein und waren frei von Pornografie und Weltlichkeit, als sie zu Füßen inspirierter Missionare, Lehrer und Führer saßen. Der Geist drang leicht in ihre weichen und reinen Herzen ein. Heute ist die Sache sehr viel anders, weil einige Ihrer Schüler bereits von Pornografie und Weltlichkeit infiziert wurden, bevor sie Ihre Klassen erreichen."

Pornografie und Weltlichkeit - wer hätte das gedacht? Klar, nur wer Pornos schaut, stört sich daran, dass Joseph Smith 14-jährige Mädels geheiratet, sich sehr unterschiedlich an seine Erste Vision erinnert, das Buch Abraham nicht übersetzt hat und so weiter. Egal. Pornografie ist eine Seuche, eine Epidemie, das aktuell größte Übel der Menschheit.

"Pornografie löst eine öffentliche Gesundheitskrise aus" und "Pornografie verfestigt eine sexuell vergiftete Umwelt", heißt es neuerdings sogar in einem offiziellen Dokument des US-Bundesstaates Utah. Utah ist übrigens der Bundesstaat in den USA, in dem USA-weit die meisten Online-Pornos geschaut. 

Warum das so ist, erklären die so genannten ironischen Prozesse, die der Psychologie Daniel Wegner von der Harvard University experimentell nachgewiesen hat. Ironische Prozesse beschreiben den Tatbestand, dass sich jene Gedanken um so stärker in den Vordergrund drängen, wenn man diese bewusst zu unterdrücken versucht. Also zum Beispiel der Aufforderung nachzukommen, nicht an weiße Bären zu denken. So zeigten Leute, die angewiesen wurden, nicht an Sex zu denken, eine grössere Erregung als solche, die nicht an ein neutrales Thema denken sollten. Der Erregungsgrad wurde dabei anhand der elektrischen Leitfähigkeit der Haut an den Fingern gemessen.

Die Forschungsresultate zeigten, so Wegner, "dass wir unter bestimmten Bedingungen das Schlimmste, was wir denken, tun oder sagen, besser vermeiden können, wenn wir das Vermeiden vermeiden." Der Versuch der mentalen Selbstkontrolle führt zu einer Steigerung des Auftretens unerwünschter Gedanken. Verbote, Unterdrückung wirken eher kontraproduktiv.

Indem Ballard und Konsorten ständig vor Pornografie warnen, verstärken sie also ungewollt den Pornokonsum. Außerdem tragen sie dazu bei, dass aus den dadurch verursachten Scham- und Schuldgefühlen ein Teufelskreis entstehen kann, der bis hin zu Depressionen führt. Und auch bei Antidepressiva ist Utah USA-weit führend. Könnte da ein Zusammenhang bestehen?

Was ist bei der Schöpfung schief gelaufen?

Vor wenigen Tagen in den Schlagzeilen: das schwule Pinguin-Pärchen im Hamburger Tierpark Hagenbeck. Ein wenig Recherche offenbart, dass dies kein Einzelfall ist. Hierzu beispielsweise die renommierte Schweizer NZZ:"Seite an Seite stehen zwei Giraffenbullen und reiben einander mit den Hälsen sanft den Körper. Dann zeigen sich Erektionen. Einer besteigt den anderen und kommt zum Orgasmus. Ein Makakenweibchen sitzt einem anderen Weibchen im Schoss. Eng umschlungen reiben die beiden ihre Genitalien aneinander. Sie saugen sich an den Brustwarzen, schauen sich tief in die Augen, gurren, pfeifen, quieken. Homosexuelles Verhalten ist bei Giraffen weit verbreitet; in einer afrikanischen Region machten die Besteigungen zwischen Männchen 94 Prozent aller sexuellen Akte aus. Und über 40 Prozent der Makakenweibchen pflegen gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte.Giraffen und Makaken sind keine Sonderfälle. Wie der amerikanische Biologe Bruce Bagemihl im Buch «Biological Exuberance» darlegt, ist Homosexualität in der wissenschaftlichen Literatur für 471 Spezies dokumentiert, darunter 167 Säugetierarten, 132 Vögel, 32 Amphibien und Reptilien, 15 Fische und 125 Insekten und andere Wirbellose. Es fehlen in dieser Aufzählung noch die Haustiere, wo bei 19 Arten gleichgeschlechtliche Sexualität beobachtet worden ist, etwa bei Rindern, Schafen, Schweinen und Kaninchen, aber auch bei Pferden, Hunden und Katzen. Bei den Hamstern und Hühnern scheinen sich nur die Weibchen für das gleiche Geschlecht zu interessieren.Bagemihl ist überzeugt, dass diese Liste nur die Spitze des nonkonformen Eisberges ist. Denn von mancher Kreatur, die im tropischen Blätterwerk, in Erdhöhlen oder in der Tiefe der Ozeane lebt, weiss man über das sexuelle Leben noch gar nichts. In anderen Fällen sind sich Männchen und Weibchen äusserlich derart ähnlich, dass manch ein vom Zoologen registrierter Fortpflanzungsakt auch eine homosexuelle Affäre gewesen sein mag. So beobachtete der Walforscher James Darling stundenlang die turbulente Werbung zweier Grauwale um ein Weibchen - und staunte nicht schlecht, als sich plötzlich drei erigierte Penisse über der Wasseroberfläche zeigten.Zum wissenschaftlichen Slapstick verkommen ist das Studium einer Gruppe von Königspinguinen im Zoo von Edinburg: 1915 hatte man den Tieren gemäss ihrem Paarverhalten männliche und weibliche Namen gegeben, doch in den Folgejahren zeigten sich verwirrende Umgruppierungen zu homosexuellen Partnerschaften. Und dann legten plötzlich schwule Pinguine Eier. Immer wieder korrigierten die Biologen ihre Meinung, was Männchen und was Weibchen sei, und als sieben Jahre später das Geschlecht der einzelnen Tiere endlich einwandfrei bestimmt werden konnte, sahen sich die blamierten Fachleute veranlasst, Andrew zu Ann, Bertha zu Bertrand, Caroline zu Charles und Eric zu Erica umzutaufen - einzig Dora konnte ihren Namen behalten. Wie gross das Durcheinander gewesen war, zeigt die Tatsache, dass das Lesbenpaar Bertha und Caroline sich schliesslich als die Homos Bertrand und Charles entpuppten.Was Bagemihl in zehnjähriger Detektivarbeit auf 750 kleingedruckten Buchseiten zusammengetragen hat, öffnet nicht nur den Blick für eine ungeahnte Vielfalt an tierischem Verhalten, es zeigt auch in aller Deutlichkeit, wie scheinbar objektive wissenschaftliche Arbeit von Vorurteilen geprägt sein kann. Eine erste Beobachtung von gleichgeschlechtlichem Sex bei Vögeln machte vor über 200 Jahren der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon. Seither gibt es in der wissenschaftlichen Literatur etwa 600 einschlägige Referenzen. Mit wenigen Ausnahmen widerspiegeln diese Hinweise weit eher die moralischen Vorstellungen der Beobachter als das sachliche Geschehen im Tierreich.Da häufen sich Ausdrücke wie «seltsam», «unnatürlich», «abartig», «pervers», «bizarr». Wo ein Bulle einen Geschlechtsgenossen besteigt, ist von einem «homosexuellen Laster» die Rede; gleichgeschlechtliche Beziehungen bei Wasserläufern sind «sexueller Unsinn». Noch 1987 trug ein Artikel über homosexuelle Paarung bei marokkanischen Schmetterlingen den Titel: «Eine Bemerkung zu den sinkenden moralischen Werten bei Lepidoptera».Wer seine Abneigung gegen das animalische Treiben nicht zugeben wollte, hat die Tatsachen irgendwie uminterpretiert. So wurde eine homosexuelle Kopulation bei Schwalben damit erklärt, dass das Männchen seinen Partner mit einem Weibchen verwechselt habe. Das lustvolle Liebesspiel zweier Bonobo-Weibchen (einer Schimpansenart) wurde als Begrüssungsverhalten oder Spannungsregulation klassifiziert. Und als sich zwei Orang-Utan-Männchen oral befriedigten, fand der Zoologe, da liege wohl eher ein ernährungsbedingtes denn ein sexuelles Interesse vor.In sehr vielen Fällen aber wurde homosexuelles Verhalten bei Tieren von der forschenden Gilde einfach totgeschwiegen. War die Angelegenheit in der einzelnen Dissertation oder im Fachartikel allenfalls noch erwähnt worden, im Lehrbuch, im Übersichtsartikel, im Fachvortrag fiel die unpassende Tatsache dann einfach unter den Tisch.Als die Menschenaffenforscherin Linda Wolfe 1991 bei ihren Fachkollegen eine entsprechende (vertrauliche) Umfrage machte, räumten die meisten ein, sie hätten bei ihren Feldstudien tatsächliches schwules und lesbisches Verhalten beobachtet. In der Publikation aber habe man das nicht erwähnt - weil die Beobachtung biologisch nicht einzuordnen gewesen sei oder weil man ganz einfach Angst gehabt habe, bei den Fachkollegen als schwul zu gelten.Homosexualität bei Tieren verdient hohes wissenschaftliches Interesse. Denn sie ist ein starkes Argument gegen das Dogma, animalische Sexualität stehe ausschliesslich im Dienste der Fortpflanzung - und nur die Krone der Schöpfung habe lustvollen Sex, losgelöst vom genetischen Diktat, entdeckt.Die erotische Phantasie der Fauna ist überwältigend. Schwule Bonobos hängen sich mit den Armen an Äste und tragen mit dem erigierten Penis ein veritables Fechtturnier aus. Delphine kommen zur Sache, indem einer dem andern den Penis ins Blasloch auf der Schädeloberseite steckt oder seinem Freund als Vorspiel mit einer Kaskade starker Klicklaute das Geschlecht massiert. Und während Männchen bei den Aztekenmöwen einen Geschlechtsgenossen überfallartig vergewaltigen, auch wenn dieser gerade mit einem Weibchen kopuliert, zeigen andere Tierarten ein Repertoire von höchster Poesie: Da verknutscht ein Murmeltierweibchen erst zärtlich das Ohr ihrer Freundin, bevor sie sie besteigt; Schimpansenmännchen tauschen Zungenküsse aus. Auch sozial ist alles möglich: von der lebenslangen und männerlosen lesbischen Beziehung zweier Füchsinnen bis zur Orgie von fünfzig Walrossbullen, die im seichten Wasser anal verkehren oder mit den Flossen masturbieren, um die Durststrecke bis zum saisonalen Treffen mit den Weibchen zu überbrücken.Homosexuelle Tiere sorgen auch für Nachwuchs. Weisskopf-Lachmöwen und Silbermöwen leben in Kolonien mit Zehntausenden brütender Paare. Homosexuelles Geschehen aufzuspüren ist umso schwieriger, als männliche Vögel keinen Penis haben und die beiden Geschlechter äusserlich nicht zu unterscheiden sind. Den Biologen fiel aber auf, dass in 10 bis 15 Prozent der Nester vier bis sechs Eier lagen anstatt der üblichen zwei bis drei. Analysen brachten es dann an den Tag: Die Nester mit doppeltem Inventar gehörten einem Lesbenpaar, jede der Partnerinnen steuerte ihre Eier bei. Erstaunlicherweise schlüpfen auch aus diesen Gelegen in etwa einem Drittel der Fälle Küken - einigen Lesben gelingt es offenbar, sich zwischendurch bei einem Männchen den nötigen Samen zu holen.Bagemihl erweitert die Diskussion auf jede Art sexuellen Verhaltens von Tieren und findet zahlreiche Beispiele, wo auch Heterosexualität keineswegs nur der Fortpflanzung dient. Das Löwenpärchen, das 1500-mal kopuliert, bis es zur Zeugung kommt, leidet nicht unter mangelnder Fruchtbarkeit. Viele Tierarten begatten sich auch ausserhalb der Brutsaison, wo eine Empfängnis gar nicht möglich ist. Die Kampfläufer, eine Schnepfenart, kennen vier verschiedene sexuelle Identitäten für Männchen. Sesshafte, randständige, vagabundierende und nacktnackige Männchen unterscheiden sich im Federkleid und im Territorialverhalten, und das komplizierte homosexuelle, bisexuelle und heterosexuelle Wechselspiel unter ihnen und mit den Weibchen lässt das Kinderkriegen eher als Nebensache erscheinen. Und Bonobos, Orang-Utans, aber auch grosse Tümmler kennen eine Vielfalt von Stellungen, die sich durchaus mit dem Einfallsreichtum des Homo sapiens messen darf.Bruce Bagemihl kommt schliesslich zum kühnen Schluss, für Homosexualität lasse sich ebenso wie für manche Formen von heterosexuellem Sex kein unmittelbarer biologischer Sinn finden - und den brauche es auch nicht. Dieses Verhalten sei als Teil einer umfassenderen Sexualität vielmehr Ausdruck von Vitalität und natürlicher Üppigkeit, und es drücke wie die biologische Artenvielfalt das Unvorhersehbare und Überraschende im Naturgeschehen aus."
Fragt sich, wie sich der Fehler im Tier- und Menschenreich einschleichen konnte. Oder hat Gott die Schöpfung nicht als gut erklärt? Er war offensichtlich stolz auf sein Werk. Ein wenig Eigenlob ist ja auch okay, schließlich ist eine ordentlich Artenvielfalt entstanden, wenn auch nicht durchgängig heterosexuell. Somit kann man also klar sagen, Homosexualität ist natürlich. Das will nur Putin nicht sehen, genauso wenig wie die saudi-arabischen Spinner und die homophoben Mormonenführer.Wenngleich der ober-homophobe Apostel Boyd Packer schon die richtige Frage in 2010 gestellt hat, nämlich: "Einige meinen, sie seien vorgegeben und sie könnten ihre vermeintlich angeborenen Neigungen zum Unreinen und Widernatürlichen nicht überwinden. Nicht doch! Warum sollte unser Himmlischer Vater dies jemandem antun? Denken Sie daran: Gott ist unser Vater im Himmel." (Frage wurde nachträglich gelöscht, genauso wie der Absatz textlich verändert) Weiterhin sprach er in jener Generalkonferenz davon, man könne die Natur nicht ändern. Richtig! So ist die Natur: da gibt es hetero- und homosexuelle Tiere, Tiere, die monogam leben und andere, die polygam leben, ihre Partner ständig wechseln oder gar nach dem Geschlechtsakt töten. Das Tierreich kann wohl kaum als klarer Maßstab für natürliche, gesunde, glücklich machende Sexualität und Familienbeziehungen herhalten. Genauso kritisch sollte man sein, ein von einem primitiven Völkchen aus der Bronzezeit stammendes Dokument (Altes Testament) als Maßstab für Moral im 21. Jahrhundert heranzuziehen. Denn sonderlich moralisch war das dort beschriebene und angeblich von Gott gut geheißene Gemetzel, Versklaven, Unterdrücken, Opfern usw. beim besten Willen nicht.