LDS Disziplinar-Quiz

Bei welchen Personen müsste laut neuestem Handbuch Allgemeine Anweisungen ein Disziplinarverfahren abgehalten werden, wenn sie Mitglieder der LDS-Kirche wären (einer davon ist es tatsächlich)?

A: Bruce Jessen, der im Auftrag der CIA nach den Anschlägen von 9/11 die Foltermethoden wie das Waterboarding entwickelt hat.

B: Abdelhamid Abaaoud, vermeintlicher Drahtzieher der Pariser Anschläge.

C: Guido Westerwelle, der an Leukämie erkrankte ehemalige Außenminister.

Richtig, Guido Westerwelle! Und hätten alle drei genannten Personen Kinder, welches dürfte als Kind keine Kindersegnung, Taufe, Konfirmierung, Teilnahme an Tempelfahrten oder Priestertumsübertragung erleben? Richtig, Guido Westerwelles! Und wer ist tatsächlich ein Mormone? Bruce Jessen.

Warum aber müsste Guido Westerwelle mit Exkommunikation rechnen? Klar, Herr Westerwelle ist homosexuell und lebt nicht etwa zölibatär, sondern ist seit 2010 mit Michael Mronz verheiratet. Und das soll halt Gott nicht gutheißen. Gut, die Lehre ist nicht wirklich neu, wurde jetzt nur nochmal verschärft. Und dass sich deshalb viele vor allem jugendliche Mormonen das Leben nehmen, hat nun keinen Aufschrei verursacht. Liberale Mormonen zucken da höchstens mit den Schultern, denn die Wege Gottes sind nun einmal unergründlich.

Dass nun aber unschuldige heterosexuelle Kinder auch noch diskriminiert werden, ist wirklich ein Skandal. Nur weil sie eben primär bei schwulen oder homosexuellen Pärchen großgezogen werden. Widerspricht eigentlich der Kirchenlehre, dass Kinder nicht für die Sünden ihrer Eltern bestraft werden oder der Mahnung Jesu, die Kinder doch zu ihm zu lassen. Das hat dann aber Elder Christofferson klargestellt: das sei nämlich keine Diskriminierung oder gar Strafe, sondern diene allein zum Schutz der Kinder... oder vielmehr der anderen heterosexuellen Kirchenmitglieder, denn, so sagt er, sonst müssten den Kindern ja Heim- und Besuchslehrer zugewiesen werden und dann müssten unschuldige Mitglieder die Heime von Schwulen und Lesben betreten. Das kann ihnen nun wirklich niemand zumuten. Die Kinder können schließlich immer noch mit 18 getauft und endlich die Gabe des Heiligen Geistes erhalten, selbstverständlich nur, wenn sie sich deutlich von der Lebensweise ihrer Eltern distanzieren. Ach ja, und es muss dann noch durch die Erste Präsidentschaft genehmigt werden. Schließlich ist das schon sehr heikel. Wer weiß, ob das mit der Homosexualität nicht doch ansteckend ist.

Ja, wenn man den Kindern Homosexueller wirklich helfen wollte, würde man mit der Diskriminierung, Stigmatisierung, Marginalisierung und Verteufelung von Homosexuellen aufhören. Denn nicht eine Kindersegnung sorgt potenziell für Konflikte - schließlich wird die doch nur durchgeführt, wenn alle Elternteile zustimmen -, vielmehr die Hetze gegen gleichgeschlechtliche Paare. Auch dürfte die so genannte Klarstellung die Einigung hinsichtlich Sorgerecht eher schwieriger gestalten, müssen doch gläubige Elternteile fortan dafür kämpfen, dass der primäre Wohnsitz keinesfalls dem homosexuellen Partner zufällt.

Zugegeben, durch die Änderungen im Handbuch ist es nun kaum noch zu übersehen, wie die Kirche Hass, Intoleranz und Diskriminierung auf Basis veralteter Vorstellungen und Vorurteile in Sachen Sexualität und Geschlechterrollen verbreitet. Wie bei der Diskriminierung der Farbigen steht die Kirche wieder einmal auf der falschen Seite der Geschichte. Durch die Änderung des Handbuchs wird diese Position weiter zementiert, eine Änderung in naher Zukunft dadurch nahezu unmöglich gemacht. Wer als Mitglied hierzu schweigt, macht sich mitschuldig. Mitschuldig an weiteren Selbstmorden. Mitschuldig an weiteren Ausgrenzungen.

Selbst Joseph Smith und Brigham Young haben sehr deutlich vor einem Gehorsam gewarnt, der die Augen vor offensichtlich Falschem und Unmoralischem verschließt:


Angeblich wurde einem lesbischen Mitglied diese Notiz ans Auto geheftet und vors Haus gelegt:


Das dürfte eine Ausnahme sein. Ich habe die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder als wohlmeinende, im Herzen gute Menschen erlebt. Aber es ist klar: diese Verschärfung der Richtlinien im Hinblick auf in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lebende Mitmenschen und ihren Kindern führt nicht zu mehr Liebe und Toleranz. Gerade schwule und lesbische Paare, die eine feste Beziehung eingehen und wie im anfangs geschilderten Beispiel von Guido Westerwelle in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da sind, als sündhaft zu bezeichnen, ist pervers. Nicht deren Sexualität. Und es ist auch nicht in Ordnung, diese Art der Ausgrenzung und Stigmatisierung einfach hinzunehmen und nicht klar Stellung zu beziehen. In seiner Rede anlässlich der Überreichung des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 1986 in Oslo sagte Elie Wiesel: "Wir müssen immer Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer".

PS: Mittlerweile ist durchgesickert, dass die Änderungen der Anweisungen wohl primär juristische Gründe hatten. So könnten in den USA demnächst Organisationen verklagt werden, wenn sie ihren Mitgliedern emotionalen Schaden aufgrund der Hetze gegen ihre schwulen oder lesbischen Eltern zufügen. Die Lösung: ganz einfach die Kinder nicht mehr als Mitglieder aufnehmen, solange sie sich nicht selber explizit gegen die Lebensweise ihrer Eltern aussprechen, was sie wiederum erst als Erwachsene eigenverantwortlich können. Perfide, aber rein juristisch nachvollziehbar. Passt sehr gut dazu, dass die Familien-Proklamation ebenfalls aus rechtlichen Gründen entwickelt wurde, nämlich im Kampf gegen die Homo-Ehe auf Hawaii (siehe
http://www.qrd.org/qrd/usa/legal/hawaii/baehr/1997/brief.mormons-04.14.97 und
http://www.mormonsocialscience.org/2008/01/04/richley-crapo-chronology-of-mormon-lds-involvement-in-same-sex-marriage-politics/).
Auch wenn die Änderungen ein Schlag ins Gesicht all der progressiveren Mormonen ist, die auf eine langsame Veränderung und Modernisierung der Einstellung der Kirche hofften, so zeigt das Beispiel von Geschlechtsumwandlungen wie weitere Änderungen nicht ausgeschlossen sind - natürlich auch wie wahnsinnig ahnungslos die Kirchenführung ist:
http://bycommonconsent.com/2015/11/18/continuing-revelation/


http://www.qrd.org/qrd/usa/legal/hawaii/baehr/1997/brief.mormons-04.14.97)

Podcast-Empfehlung des Monats

Yuval Noah Harari über Mythen und vieles mehr:

https://soundcloud.com/intelligence2/yuval-noah-harari-on-themyths-we-need-to-survive

Brief an einen CES-Direktor

Jetzt gibt es ihn auch auf deutsch -  den berühmt-berüchtigten "Brief" von Jeremy Runnells, in dem er seine kritischen Punkte hinsichtlich der Wahrheitsansprüche der HLT-Kirche zusammenfasst. Hervorragender Ausgangspunkt, um sich seriös, ohne Polemik mit den kritischen Punkten zur Mormonen-Geschichte und -Lehre einen Überblick zu verschaffen. Alles, was die HLT-Kirche gerne unter den Teppich kehrt und zu denen sie keine wirkliche Antworten parat hat:



Buchempfehlung: Das Ende der Megamaschine

Bildergebnis für das ende der megamaschine

Fabian Scheidlers Buch hat mich fasziniert. Es hat mir einen neuen Blickwinkel auf die Geschichte der Menschheit eröffnet. So schreibt er:

"Um die Geschichte der Zivilisation, die gegenwärtig den Erdball dominiert, zu verstehen, müssen wir die Geschichte der Wirkungen der Macht erzählen, der Wunden und Verstörungen, die sie in den Menschen und ihrer Imagination hinterlassen hat."

Er geht dabei auch auf die Entwicklung der großen Weltreligionen ein, von der Herausbildung der autoritären mesopotamischen Religionen zur Jesus-Bewegung bis hin zum Christentum. Die Verquickung von Religion und Macht ist dabei von Anbeginn äußerst spannend, so zum Beispiel:

"Trotz aller Unsicherheiten erkennen wir aber sehr deutlich, dass etwas in den prähistorischen Zeugnissen fehlt: Die Darstellung eines herrschenden übermenschlichen Wesens, das wir als »Gott« bezeichnen würden. Die Idee eines herrschenden Gottes erscheint in der Geschichte erst in dem Moment, wo irdische Herrschaft entsteht und sich konsolidiert.[...] Eine Hymne an den sumerischen Gott Enlil aus dem späten 3. Jahrtausend gibt einen Eindruck davon, wie die metaphysische Welt nach dem Vorbild irdischer Herrschaft geformt wurde:

Die Befehle Enlils sind bei weitem die erhabensten, seine Worte sind heilig, sein Spruch unabänderbar. (…) Alle Götter der Erde beugen sich vor Enlil, dem Vater, nieder, der komfortabel auf dem heiligen Thron sitzt. (…) Die Götter treten vor ihn und gehorchen treu seinen Befehlen.

Wie ein irdischer Herrscher, so verfügt auch ein Gott über einen Thron, ein Reich, sein Wille geschieht, er entscheidet über Sein oder Nichtsein, er ist in der Lage, Strafen zu verhängen, Gnade walten zu lassen und Schuld zu vergeben – wobei Schuld hier zunächst ursprünglich im Sinne von Schulden zu verstehen ist. Die Projektion des Hofstaates im Himmel ist so auffällig, dass man sich fragt, ob sie den Zeitgenossen selbst nicht als zu durchschaubar erschienen sein muss, um wirklich ernst genommen zu werden. Tatsächlich deutet vieles darauf hin, dass die herrschaftliche Religion in Mesopotamien zunächst vor allem von den Eliten selbst zelebriert wurde und nicht wirklich populär war, während sich in der breiteren Bevölkerung ältere Traditionen erhielten.[...] Diese Verschiebung des metaphysischen Bezugssystems ist von enormer Tragweite für die kollektive Imagination. An die Stelle von Kräften, die auf Augenhöhe mit den Menschen eine Beziehung eingehen – Ahnen, »Geister«, »Elementarkräfte« und dergleichen –, trat ein pyramidenförmiges System, das auf der Idee von Befehl und Gehorsam und damit von linearer Machtausübung beruhte. Diese Denkweise hat sich durch alle Säkularisierungen und Demokratisierungen hindurch als prägende Vorstellung vom Kosmos bis in die heutige technokratische Zivilisation fortgesetzt.
Wie wir im 7. Kapitel sehen werden, trat im Laufe der Neuzeit an die Stelle des Herrschergottes der herrschende Mensch, der sich durch Wissenschaft und Technik die Erde untertan macht. Charakteristisch sowohl für die theologische als auch die technokratische Version der Allmacht ist die Vorstellung, dass die Natur – auch die menschliche – beherrscht werden muss und kann. Wie der König seinem Untertan und der Gott seinem Geschöpf befiehlt, so gebietet der Ingenieur über die Natur, die sich seinem Willen fügt."

Geld und Religion machen uns als Menschen erfolgreich

... oder so ähnlich könnte das Fazit lauten zu Yuval Noah Hararis spannender These über das, was uns Menschen so erfolgreich gegenüber anderen Tieren macht:

https://www.ted.com/talks/yuval_noah_harari_what_explains_the_rise_of_humans

Seine Argumente, warum Ideen und Imagination so machtvoll sind, klingen durchaus überzeugend, auch wenn die Vergleichbarkeit der Konzepte von Geld und Religion nicht auf allen Ebenen funktioniert. Vertrauen in den Wert von Geld als Tauschmittel basiert auf konkreterer Erfahrung als das Vertrauen in einen Gott. Aber vermutlich kann man sein Vertrauen in das globale Finanzsystem ebenso verlieren, wenn man sich näher damit beschäftigt, wie in Gott, wenn man sich tiefer mit Religion auseinandersetzt.

Religion und Gewalt

Interessanter, auch wenn recht akademischer Vortrag:

https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/2011/apr/News_Film_Vortrag_Jan_Assmann.html

Bekanntermaßen ist die religiöse Identität des Judentums eng mit der politischen Identität und sogar der geographischen Verortung verknüpft. Religion und Politik lässt sich im Alten Testament kaum voneinander trennen und ein einheitlicher Glaube mit einem Gott und der Legende der zwölf Stämme diente klar politischen Zwecken. Die Verbindung von Monotheismus, Paradiesvorstellungen und Gewalt finde ich hier sehr gut dargelegt. Ob sich das auftrennen lässt, indem man sich von absoluten und exklusiven Glaubensansprüchen verabschiedet, halte ich aber für sehr utopisch. Dafür sind einfache Freund-Feind-Einstufungen und Mottos a la "ich habe recht und du unrecht", "mein Glaube ist der wahre Glaube" zu verlockend. Eine relativierende Sicht auf den eigenen Glauben setzt doch ein hohes Maß an Reife und Souveränität voraus. Nur wer sich nicht durch andere Glaubensansichten, Weltanschauungen und Lebensentwürfe bedroht sieht, kann die notwendige Tolerenz anderen gegenüber aufbringen. Und so wie im Altertum Religion instrumentalisiert wurde, um dem Volk Israel eine konstruierte besondere Identität zu verleihen, so wird eben auch heute Religion instrumentalisiert. Ob von machthungrigen Politikern oder Einzelpersonen, die um Orientierung und Anerkennung ringen. Insofern führt Religion zu Freund-Feind-Denken und Gewalt sowie Gewalt, Unsicherheit und Ausgrenzung wiederum zu Glauben als Identitäts-Krücke und Ego-Kompensation. Nur durch Bildung, Wohlstand, Respekt und Gerechtigkeit lässt sich vermutlich dieser Teufelskreis durchbrechen. Die Aufklärung über die historischen Ursprünge von Judentum, Christentum und Islam kann auch schon helfen, eine etwas moderate Position zum eigenen Glauben einzunehmen. Schön wär´s zumindest. Denn Aufklärung ist leichter zu realisieren als Länder-, Rassen-, Kulturen-, Religionen-, Schichten- usw. -übergreifende Gerechtigkeit und Anerkennung.


Angriff auf die religiöse Freiheit, der Papst & Charlie Hebdo



Auf die Gefahr hin, diese Dinge hier in grober Weise miteinander zu vermischen:

Am 07. Januar 2015 verüben islamistische Terroristen unter Ausrufen von "Allahu Akbar" ( "Gott ist groß") ein blutiges Attentat gegen das französische Satiremagazin Charlie Hebdo. In diesem wurden wiederholt Karikaturen von Mohammed veröffentlicht.

Am 15. Januar 2015 erklärt Papst Franziskus gegenüber Journalisten: „Viele Menschen ziehen über Religion her, das kann passieren, hat aber Grenzen. Jede Religion hat eine Würde, und man kann sich darüber nicht lustig machen.[…] Wenn Dr. Gasbarri, mein lieber Freund, meine Mama beleidigt, erwartet ihn ein Faustschlag. Denn man kann den Glauben der anderen nicht herausfordern, beleidigen oder lächerlich machen.“ 

Am 27. Januar 2015 hält die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage eine Pressekonferenz ab, in der unter anderem die Apostel Christofferson, Oaks und Holland ihre Unterstützung für Anti-Diskriminierungs-Gesetze in Sachen Wohnungsbeschaffung sowie Beschäftigung gegenüber Homosexuellen bekunden, im Gegenzug jedoch vor dem Angriff auf die religiöse Freiheit warnen und entsprechenden Schutz verlangen.

Wo ist der Zusammenhang? Es ist die Frage: Darf Religion im Namen Gottes oder der Religionsfreiheit universelle Tabus aufstellen, die Meinungsfreiheit einschränken oder gar diskriminieren? Ist – wie uns die Mormonen-Führer glauben machen wollen – die religiöse Freiheit oder doch eher die Freiheit der Kunst und Presse in Gefahr? Oder gar die abendländische Kultur, wie Pegida uns weismachen will? Oder ist das wirklich dringende Problem religiös motivierte Gewalt und Terror?

Etwas praktischer gesprochen: Dürfen Ärzte gezwungen werden, Abtreibungen durchzuführen oder lesbische Paare künstlich zu befruchten? Oder wie im Hobby Lobby-Fall, der vor dem obersten US-Gericht landete, wonach Familienunternehmen nicht gezwungen werden dürfen, für die Krankenversicherung ihrer weiblichen Mitarbeiter zu zahlen, wenn diese Verhütungsmittel abdeckt. Im öffentlichen Leben ist es eigentlich ziemlich klar, dass religiöse Weltanschauungen und Gefühle keine Form von Diskriminierung erlauben. Darf ich als Fotograf aus religiösen Gründen den Auftrag ablehnen, die Hochzeit eines homosexuellen Paares abzulichten? Nein, natürlich nicht. Man muss nur homosexuell durch farbig, jüdisch oder muslimisch ersetzen. Wir wären entsetzt, wenn die Hautfarbe oder Ethnizität ein Grund sein dürfte, um Kunden nicht bedienen zu können. Warum soll die Sexualität ein Grund für Diskriminierung im öffentlichen Leben sein dürfen? Wohl kaum. Das hat nun endlich auch die Mormonen-Führung erkannt und akzeptiert – ohne sich natürlich zu entschuldigen oder zuzugeben, dass sie sich jahrelang durch Prop 8 & Co. dagegen gestemmt hat.

Wovor hat die Mormonen-Kirche dann jetzt noch Angst? Natürlich weiß sie, dass letztlich fast alle Kirchen in ihren Grundsätzen und Praktiken diskriminieren. Nur wenige Religionen haben keine expliziten Regeln im Hinblick auf geschlechtliche Praktiken, Beziehungen und Rollen. Natürlich werden in unseren Breiten keine Mormonen davon abgehalten, ihre Kirchenversammlungen zu besuchen. Sie werden nicht davon abgehalten, auf ihre Weise zu beten, ulkige Unterwäsche zu tragen oder von Freimaurern abgekupferte Rituale abzuhalten. Sie werden nicht gezwungen, vor der Heirat Sex zu haben, Alkohol oder gar Kaffee zu trinken oder Bücher von Christopher Hitchens, Sam Harris oder Bart Ehrman zu lesen. Und noch gibt es keinen Anlass, zu fürchten, dass die Kirche gezwungen werden könnte, gleichgeschlechtliche Ehen zu schließen oder Frauen das Priestertum zu übertragen. Selbst die Exkommunikation von Kritikern, Feministinnen oder Homosexuellen, die nicht zölibatär leben, wird ihnen nicht untersagt. Kein Gesetz untersagt es der Kirche, ihre eigenen Mitglieder zu belügen, Minderjährige zu indoktrinieren oder ihren männlichen Kirchenführern zu gestatten, allein im stillen Kämmerlein 14-jährigen Mädchen intime Fragen zu stellen.

Aber ja, das mag sich eines Tages wandeln. Denn die Abwägung zwischen religiöser Freiheit und Grenzen für religiös motivierter Diskriminierung, Unterdrückung, Manipulation und Gewalt ist schwierig und ändert sich über die Zeit. Wo ist die Grenze der erlaubten Genitalverstümmelung bzw. Beschneidung? Was genau macht eine Zwangsheirat aus? Wo ist die Grenze zulässiger patriarchalischer Autoritätsausübung gegenüber emotionaler Misshandlung und psychischer Gewalt? Bis zu welchem Grad dürfen Eltern ihren Kindern medizinische Hilfe vorenthalten?

Aber bitteschön, das hat nichts mit Einschränkung der Religionsfreiheit oder Diskriminierung von Gläubigen zu tun! Allein der Versuch, die Diskriminierung von Homosexuellen oder Farbigen mit dem möglichen Verletzen von Gefühlen von Gläubigen zu vergleichen, ist unanständig. Ja, der orthodoxe Taxifahrer mag davon abgestoßen sein, wenn sich ein homosexuelles Pärchen auf dem Rücksitz inniglich küsst. Das ist jedoch nichts im Vergleich zu den Auswirkungen der Verfolgung und Ausgrenzung, die Homosexuelle viel zu lange erleiden mussten und in vielen Regionen der Welt noch immer tun. Ein gewisses Unwohlsein aufgrund der ‚sündigen‘ Welt ist in keiner Weise vergleichbar mit Zwangskastration, Gefängnis, Folter & Co. Kein noch so übertriebenes Beispiel religiöser Freiheitsbegrenzung ist auch nur annähernd vergleichbar mit dem Leid und der Diskriminierung von Homosexuellen. Kein Mormone muss sich in unseren Breiten sorgen, wegen seinem Glauben die Arbeit zu verlieren, ins Gefängnis geworfen oder zwangssterilisiert zu werden. Wie viele Gläubige begehen Selbstmord, weil sie von Freunden und Familie ausgestoßen werden? Das ist doch keine wirkliche Diskriminierung, allenfalls Unverständnis und vielleicht hin und wieder Belustigung. Daher ganz klar: in Sachen Anerkennung von Homosexualität und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sollte religiöse Freiheit keinen Vorrang genießen.

Die Grenze zwischen religiöser Diskriminierung und Freiheit ist dabei nicht immer klar und einfach definierbar. Wir sehen dies auch an der Diskussion um Ächtung und Verbot von Schleiern und Burkas. Hier bin ich beispielsweise eher auf Seiten der religiösen Freiheit, auch wenn ich das Symbol und die Botschaft durchaus kritisch sehe. Und zwar sowohl im Hinblick auf die Sicht auf Frauen als auch Männer. Werden Frauen dadurch nicht erst recht zu Sexobjekten gemacht, wenn man sie verschleiern muss? Männer zu kaum zügelbaren Sexmonstern deklariert? Und Frauen wiederum die Schuld gegeben, wenn Männer ihnen gegenüber Gewalt ausüben? Denn hat die Frau dies nicht durch ihre Kleidung oder ihr Verhalten provoziert? Muslimen diese Form des religiösen Ausdrucks zu gewähren, tut mir jedoch nicht weh und grenzt allenfalls meine Freiheit ein, das Haar oder Gesicht der Personen betrachten zu können. Und klar, bei einer Burka ist die soziale Interaktion schon sehr eingeschränkt. Aber ein Verbot halte ich dennoch nicht für gerechtfertigt. Denn die Einschränkung meiner Freiheit ist doch minimal. Anders bei Unternehmen, die wiederum das Recht haben sollten, in berechtigtem Rahmen gewisse Kleiderordnungen für die Angestellten aufstellen zu können. Nur müssen fairerweise diese Regelungen für jede Art der Vermummung und Kleidung gelten, egal, ob religiös oder nicht-religiös motiviert. Beispielsweise kann man nicht ein Kopftuch verbieten, jedoch Beanie-Mützen erlauben. Oder einen Bart nur dann zulassen, wenn dieser aus religiösen Gründen wachsen gelassen wird.

Noch einmal zurück zur LDS-Pressekonferenz: In bekannter Manier wurden da natürlich mal wieder die Fakten verdreht. Oaks sagte: “Doch heute sehen wir immer häufiger neue Beispiele für Angriffe auf die Religionsfreiheit. Unter ihnen sind die Folgenden:. . . Kürzlich, in einer der größten Städte der USA, verlangten Regierungsbeamte Einsicht in die Predigten und Notizen von Pastoren, die aus religiösen Gründen gegen ein neues Gesetz waren. Diese Pastoren sahen sich nicht nur mit Einschüchterung konfrontiert, sondern auch strafrechtlicher Verfolgung, weil sie verlangten, dass eine neue Homosexuellen-Rechtsverordnung zur Abstimmung der Bürger gestellt werden sollte.“

Oaks vergas zu erwähnen, dass die Pastoren in Houston gegen ‚Houston Equal Rights Ordinance (“HERO”)’ waren, womit Diskriminierung gegenüber Homosexuellen und Transsexuellen im Bereich der Arbeit und  Wohnungswirtschaft verboten werden sollte. Er vergas auch zu erwähnen, dass die Kampagne der Pastoren deshalb scheiterte, weil diese seitenweise Unterschriften gefälscht hatten. Der wahre Skandal ist doch wohl, dass religiöse Führer nicht vor massivem Betrug zurückschreckten, um ein demokratisch verabschiedetes Gesetz zum Schutz vor öffentlicher Diskriminierung zu Fall zu bringen.

Wenn diese Pastoren nun zusehen müssen, dass Homosexuelle nicht mehr einfach entlassen werden dürfen, weil sie schwul sind, so ist das in keinster Weise vergleichbar mit dem, was die Opfer von Taliban, Boko Haram und IS erleiden. Nicht Religionsfreiheit ist in Gefahr, sondern die Presse- und Meinungsfreiheit. Dass Kritik an Religionen und der Umgang mit religösen Symbolen in der Kunst mitunter geschmacklos und herabwürdigend erfolgt, steht außer Frage. Ja, es sollte eine selbstverständliche Form des Respekts sein, sich anständig und würdevoll in Gotteshäusern zu verhalten. Auch wenn ich die alttestamentlichen Speiseregeln für noch so unsinnig erachte, respektiere ich diese natürlich dennoch, wenn mich beispielsweise ein gläubiger Jude zum Essen besuchen sollte. Selbiges würde genauso für Frutarier gelten. Moralisch harmlose Traditionen, Bräuche und Gewohnheiten sollten wir respektieren. Aber wir sollten die moralisch gefährlichen und verwerflichen Missbräuche von Ritualen und Weltanschauungen in Frage stellen und kritisieren dürfen. Sie haben unseren Respekt, unsere Achtung nicht verdient. Und auch Agnostiker, Atheisten und Humanisten haben Rechte. Sie haben das Recht, ihre Abscheu vor Aberglauben und irrationalen Traditionen kundzutun. Gläubige sollten das Recht haben, zu glauben, was sie wollen – und sei es noch so absurd, widersprüchlich und unbeweisbar. Aber Ungläubige dürfen auch diese Aussagen hinterfragen und ja auch darüber lachen. Beide Rechte enden da, wo sie einander vernichten wollen und wo sie Gewalt verursachen. Das Verletzen von religiösen Gefühlen alleine ist hingegen keine Gewalt und keine Diskriminierung. Es kann jedoch unangebracht, respekt- und geschmacklos sein. Dies darf aber nicht verwechselt werden mit wirklicher Diskriminierung und Gewalt. Nur weil ich mich in meinen religiösen Gefühlen verletzt und beleidigt fühle, rechtfertigt dies keine Art von Gewalt. Genauso mag sich ein durchschnittlicher Sachse in seiner abendländischen Kultur durch Kopftücher und Döner bedroht fühlen. Aber auch diese verletzten Gefühle sind keine Rechtfertigung für Diskriminierung und Gewalt. Unverzichtbar ist hierbei allenfalls das Recht und die Pflicht, Anschauungen, Vorstellungen, Argumente, Methoden, Institutionen und Autoritäten zu hinterfragen. Es darf kein Tabu geben, Religionen zu kritisieren und es darf für Religionen keinen Freifahrtsschein geben, zu diskriminieren oder anderweitig Schaden zuzufügen. Lieber nehme ich dabei unberechtigte, respekt- oder geschmacklose Religionskritik in Kauf als Gehirnwäsche, Folter, Mord und Terror im Namen Gottes.

Bewusstsein, Seele und Nahtoderfahrung


Kognitionswissenschaftler wie John Searle sehen das menschliche Gehirn als ein Organ wie jedes andere – naja, mit dem Unterschied eben, Bewusstsein erzeugen zu können: „Bewusstsein ist, kurz gesagt, ein biologisches Merkmal des Menschenhirns und des Hirns gewisser anderer Lebewesen. Es wird durch neurobiologische Vorgänge verursacht und ist ein Bestandteil der natürlichen biologischen Ordnung wie jedes andere biologische Merkmal (Photosynthese, Verdauung, Mitose).“

Alle Empfindungen und bewusstes Erleben, all unsere Gedanken, Erinnerungen und Emotionen sollen letztlich bloß elektro-chemische Prozesse im Gehirn darstellen? Demnach hört beim klinischen Tod das Herz auf zu schlagen, Sekunden später verlieren wir das Bewusstsein, der Hirnstamm stellt die Funktion ein und kurz darauf erlöschen alle elektrischen Signale im Gehirn.  Unsere Erinnerungen und Persönlichkeit gehen mit der Auflösung der Nervenzellen und der Einstellung der Nervenzellkontakte verloren – ähnlich wie bei einem Schlaganfall oder Demenz, nur plötzlich und endgültig. Letztlich löst sich mit unserem Körper auch unsere DNA auf und die individuelle, codierte Erbinformation zerfällt für immer. Klingt wenig ansprechend, tröstlich und hoffnungsvoll! Bei Menschen, die einen Herzstillstand erleben, kann es zu folgendem Effekt kommen: der Mangel an Sauerstoff im zentralen Nervensystem führt zu einer Ausschüttung des Neurotransmitters Glutamat, welches normalerweise gebunden ist und in Überdosen zum Absterben von Neuronen führt. Um diesen Zelltot zu verhindern, werden schützende Stoffe ausgeschüttet wie Ketamin, welches wiederum Albträume und Halluzinationen hervorrufen kann, ebenso MDMA, welches in der Droge Ecstasy enthalten ist. Was diese Personen also als Nahtoderlebnis erfahren, ist nichts anderes als eine Illusion, die durch die Ausschüttung körpereigener Substanzen hervorgerufen wird. Ist jetzt nicht so sexy wie der mögliche Blick in ein Leben nach dem Tod und würde als Buch wohl kaum ein Bestseller werden...



Zugegeben: viele Aspekte im Verhältnis von Gehirn und Bewusstsein sind noch ungeklärt. Die Zusammenhänge sind wahnsinnig komplex und der Sprung zwischen physikalisch beschreibbaren und mental erlebbaren Zuständen ist wahnsinnig schwierig zu untersuchen. Und ja, im Hinblick auf Nahtoterfahrungen gibt es bislang auch nur biochemische Erklärungsansätze, aber noch keine gesicherten Erkenntnisse. Unter anderem, weil man bei Herzstillstand primär damit beschäftigt ist, aus dem Nahtod keinen wirklichen Tod werden zu lassen. Man konnte in Experimenten aber schon durch elektrische Impulse ein Über-dem-Körper-Schweben-Erlebnis herbeiführen, weiß ein bisschen was darüber, wo im Gehirn die Orientierung und Differenzierung zwischen Realität und Fantasie angesiedelt ist und wie das manipuliert werden, dass das Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes LSD-Trips auslösen kann usw. Interessant sind auch kulturelle Unterschiede von Nahtoderlebnissen, die auch eher für Halluzinationen sprechen, ebenso wie die Unfähigkeit, auf Schränken platzierte Botschaften in OP-Sälen wiedergeben zu können.

Alles weist also eher in Richtung natürlicher Erklärungen. Schließlich dachte man im 17. Jahrhundert genauso, dass Licht etwas okultes und nichts Physikalisches sei. Jedwede übernatürliche Erklärung befindet sich auf dem Rückzug. Wir sind in der Lage immer mehr vermeintlich ‚übernatürliche‘ Phänomene natürlich zu erklären und nicht umgekehrt. Auch wenn unser Bewusstsein noch lange nicht in Gänze erforscht ist, gilt als ziemlich gesichert, dass alle geistigen Vorgänge mit neuronalen Prozessen in bestimmten Hirnarealen einhergehen. Es gibt kein Erleben, das nicht mit elektro-chemischen Prozessen im Gehirn verbunden ist. Es gibt daher keine Hinweise auf ein Bewusstsein unabhängig oder jenseits des Gehirns. Okay, es gibt Neurowissenschaftler wie Christof Koch, der die Theorie der neuronalen Korrelate des Bewusstseins im Kontext des Bindungsproblems entwickelte, und Giulio Tononi, die eine wissenschaftliche Form des Panpsychismus begründet haben, wonach Bewusstsein vorhanden sein soll, wenn ausreichend 'integrierte' Information in einem Netzwerk vorliegt. Dieser Theorie zufolge hätten auch unsere Smartphones eine Form von Bewusstsein. Nur uns ist das eben nicht bewusst. Bewusstsein könnte demnach eine fundamentale Eigenschaft im Universum sein so wie Raum, Zeit, Masse oder Energie. Möglicherweise werden wir nie eine zufriedenstellende Erklärung für das Bewusstsein finden und alles andere erklären können bis auf uns selbst. Noch unmöglicher erscheint es, mit Sicherheit sagen zu können, was genau beim Tod geschieht. Aber das heißt nicht, dass der Mangel an Beweisen für übernatürliche Theorien spricht. Und schon gar nicht für pseudo-wissenschaftliche Erklärungen, Betrügereien und urbane Legenden. Es heißt einfach nur, dass wir es noch nicht wissen, erklären oder beweisen können.


Eine dieser Legenden ist ja, dass man angeblich einen Gewichtsverlust beim Tod feststellen könne. Als ob die Seele ein Gewicht hätte. Das Ganze geht auf den Arzt Duncan MacDougall und seine Experimente aus dem Jahr 1907 zurück, der angeblich bei sechs Patienten einen Gewichtsschwund von 21 Gramm mit Eintritt des Todes festgestellt hatte. Bedauerlicherweise konnte dies nie reproduziert werden. Dann haben wir da die Gurus a la Deepak Chopra, die uns weismachen wollen, dass das Universum ein einziges, riesiges, bewussten Informationsfeld von zeitloser Energie ist. Es ist ja okay, zu sagen, dass man trotz allem an ein irgendwie geartetes Jenseits glaubt, aber sich detaillierte Erklärungen zusammen zu spinnen, ist einfach nur vermessen.
Noch schlimmer sind nur Leute wie Eben Alexander, dessen Buch ‚Blick in die Ewigkeit‘ als Profitmacherei entlarvt wurde (siehe http://www.thewire.com/entertainment/2013/07/proof-heaven-author-debunked/66772/). Ähnlich Alex Malarkey, der seine Geschichte ebenfalls nur erfunden hat (wobei man ihm zugute halten muss, das er damals gerade mal sechs Jahre alt war, siehe http://www.npr.org/blogs/thetwo-way/2015/01/15/377589757/boy-says-he-didn-t-go-to-heaven-publisher-says-it-will-pull-book).



Das heißt natürlich nicht, dass Nahtoderlebnisse nicht lebensverändernd sein können. Allein auf dramatische Art und Weise mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu werden! Und natürlich sehen wir uns selbst als mehr als nur lebendige Maschinen oder denkendes Fleisch. Unser Bewusstsein, unser Selbst fühlt sich als unabhängig vom Körper an, unabhängig auch vom Gehirn.  Das ist ganz natürlich und lässt sich nicht überwinden, auch wenn wir intellektuell wissen, dass vermutlich lediglich unser Gehirn diesen Eindruck erzeugt. Insbesondere, wenn man die Traumatik der Beobachtung des Todes berücksichtigt: in einem Augenblick lebendig, im anderen nur noch ein Haufen regloses Fleisch, während natürlich die Person in unserer Erinnerung noch präsent und ‚lebendig‘ ist. Auch ist es einfach unmöglich, sich den eigenen Tod vorzustellen. Wir haben keine Möglichkeit der Auffassung von Nichtexistenz. Hinzu kommt auch noch die wahrgenommene Ungerechtigkeit des Lebens, also unmoralische Menschen, die lange und gegebenenfalls wohlhabend leben, während ‚gute‘ Menschen, speziell ‚unschuldige‘ Kinder mitunter verfrüht aus dem Leben gerissen werden oder schlimme Schicksale erleiden müssen. Es ist klar, dass folglich Vorstellungen der Unsterblichkeit in fast allen Kulturen entstanden. Keiner, so scheint es, will sich damit abfinden, dass das, was einmal gelebt, gelitten, geliebt hat und wurde, völlig ausgelöscht werden könnte. Daher gilt der Tod in fast allen Kulten und Religionen als Tor zu einem anderen Leben. Und einerseits kann diese Hoffnung Trost spenden, sie kann aber eben auch missbraucht werden und von der Wichtigkeit des Augenblicks, des einen Lebens, von dem wir mit Bestimmtheit wissen, dass es existiert, ablenken. Schlimmstenfalls töten sie, um im Jenseits belohnt zu werden. Andere leben ihr Leben wie in einem Warteraum oder mit Schuld und Angst vor dem Jüngsten Gericht.


Ja, in gewisser Weise glaube auch ich an eine Seele, zumindest an die Eigenschaft oder Fähigkeit, mit sich im Reinen sein, inneren Frieden und Harmonie verspüren, eine positive Ausstrahlung auf Andere haben, mit anderen mitfühlen zu können usw. – oder eben das Gegenteil. Nur, ob das bislang unergründete Energie- und Kraftfelder sind, irgendwie mit Spiegel-Neuronen, Informations-Netzen & Co. zusammenhängen, weiß niemand so recht. Ich bin auf jeden Fall extrem skeptisch gegenüber denjenigen, die behaupten, über ihre subjektiven Erlebnisse hinaus besondere Erkenntnisse und Erklärungen liefern zu können. Insbesondere, wenn sie damit offensichtlich Profit machen. Genauso, wie ich es für unangebracht halte, naturwissenschaftliche Erkenntnisse überzuinterpretieren und damit metaphysische Aussagen zu machen, so mag ich es auch nicht, wenn Wissenschaft als sich ständig widersprechende und sich revidierende Disziplin abgetan oder gar als atheistische Weltverschwörung diskreditiert wird. Ich halte besondere Skepsis angebracht gegenüber allen angeblichen Autoritäten, die behaupten, zum Übernatürlichen eine besondere Verbindung zu haben und uns sagen zu können, was wir zu tun und zu lassen hätten. Alle Dogmen, die für sich Absolutheit und Exklusivität beanspruchen, halte ich für extrem gefährlich. Verabscheuungswürdig sind alle Versuche, die Angst und Hoffnung von Menschen für Profit, Macht oder sonstige Zwecke zu missbrauchen sowie Menschen davon abzuhalten, im Hier und Jetzt Glück zu erleben sowie unmoralisches Handeln, Ausgrenzung, Arroganz und Intoleranz zu befördern. Mindestens Zeit- und Energieverschwendung erachte ich das Durchforsten von genealogischen Unterlagen nach irgendwelchen Vorfahren, damit sich Teenager im Schnellverfahren für diese taufen lassen, um so deren Seelen aus der Hölle zu befreien. Amen.