Wie bereits
in früheren Posts dargestellt hat es eine fundamentale Veränderung im Bericht
der so genannten Ersten Vision Joseph Smith zwischen den ersten Erzählungen und
der späteren Version von 1838, die wir jetzt als offizielle Version in der
Lebensgeschichte Joseph Smiths kennen, gegeben. Diese Veränderung ist, dass in
ersten Versionen nur von der Erscheinung einer Person und zwar Jesus gesprochen
wird. In 1838er Version wird plötzlich davon gesprochen, dass sowohl Gott Vater
als auch sein Sohn Jesus als getrennte Personen erschienen waren.
Eine
interessante Frage, die aufgekommen ist, ist nun folgende: Wenn Joseph bereits
1820 wusste, dass die Gottheit aus getrennten Personen besteht – das verbreitete
Konzept der Dreieinigkeit also falsch ist, warum finden wir im Buch Mormon
eigentlich ausschließlich trinitäre Vorstellungen? Warum also wird im Buch
Mormon Jesus und Gott Vater als ein und dieselbe Person dargestellt?
„Auch sollen die Juden und die Andern davon
überzeugt werden, daß Jesus der Christus ist, der Ewige
Gott…“ (Titelseite Buch Mormon)
„Denn siehe, die Zeit kommt und ist nicht
mehr fern, da mit Macht der Herr, der Allmächtige, der regiert, der von
aller Ewigkeit bis in alle Ewigkeit war und ist, vom Himmel herabkommen wird
unter die Menschenkinder und in einer irdischen Hülle wohnen wird…“ (Mosia
3:5)
„Und nun sprach Abinadi zu ihnen: Ich
möchte, daß ihr versteht, daß Gott selbst unter die Menschenkinder herabkommen
wird und sein Volk erlösen wird. Und weil er im Fleische wohnt, wird er der
Sohn Gottes genannt werden, und weil er das Fleisch dem Willen des Vaters
unterworfen hat, ist er der Vater und der Sohn— der Vater, weil er durch die
Macht Gottes empfangen worden ist, und der Sohn wegen des Fleisches; und so
wird er der Vater und der Sohn—, und sie sind ein Gott, ja, wahrhaftig
der ewige Vater des Himmels und der Erde. Und so wird das Fleisch dem Geist
untertan oder der Sohn dem Vater, die ein Gott sind, und leidet
Versuchung und gibt der Versuchung nicht nach, sondern duldet, daß er
verspottet und gegeißelt und ausgestoßen wird und enteignet von seinem Volk.“ (Mosia
15:1-5)
„…lehrt sie,
daß die Erlösung durch Christus, den Herrn, kommt, der wahrhaftig der
ewige Vater ist.“ (Mosia 16:15)
„Nun sprach Zeezrom weiter zu
ihm: Ist der Sohn Gottes der ewige Vater selbst? Und Amulek sprach zu
ihm: Ja, er ist selbst der ewige Vater des Himmels und der Erde und all
dessen, was darinnen ist; er ist der Anfang und das Ende, der Erste und der
Letzte…“ (Alma 11:38-39)
„Und wegen des Falles des Menschen kam Jesus
Christus, ja, der Vater und der Sohn…“ (Mormon 9:12)
„Siehe, ich bin Jesus Christus. Ich bin
der Vater und der Sohn.“ (Ether 3:14)
„Denn siehe, ich bin der Vater…“
(Ether 4:12)
Damit ist
das Buch Mormon im Hinblick auf die Dreieinigkeitslehre noch viel deutlicher
und expliziter als das Neue Testament. Natürlich habe ich mir dies jahrelang zurechtgelegt
mit der üblichen Erklärung, mit der Einigkeit sei lediglich die Übereinstimmung
in der Mission und Zielsetzung gemeint oder dass Jesus halt für Gott Vater
spricht und daher auch irgendwie seine Rolle repräsentiert. Aber der Text für
sich spricht schon eigentlich eine klare Sprache. Je nachdem, wie man den
Übersetzungsprozess sieht, hat entweder Gott ein Kommunikationsproblem oder
Joseph kann bis 1830 nicht klar gewesen sein, dass die Personen der Gottheit
getrennt voneinander sind.
Dass der Gedanke
getrennter Gottheiten erst später bei Joseph aufkam, zeigen folgende Hinweise:
Als Joseph
Smith 1830 Teile des Neuen Testaments revidierte, änderte er Lukas 10:22 auf
diese Weise:
Original
(Einheitsübersetzung): „Mir ist von
meinem Vater alles übergeben worden; niemand weiß, wer der Sohn ist, nur der
Vater, und niemand weiß, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der
Sohn offenbaren will.“
Joseph Smith
Übersetzung: „Mir ist von meinem Vater
alles übergeben worden; niemand weiß, dass der Sohn der Vater ist, und der
Vater ist der Sohn und der, dem es der Vater offenbaren will.“
Bis 1835
wurden noch deutliche trinitäre Vorstellungen von Joseph Smith verbreitet – so,
dass Gott Vater keinen Körper habe:
„Der Vater, ist eine Person aus Geist, Herrlichkeit
und Macht: die über alle Vollkommenheit und Fülle verfügt. Der
Sohn, der im Schoß des Vaters war, eine Person aus Körper,
gemacht oder gestaltet
gleich einem Menschen, oder in der Form und Gestalt eines Menschen.“
(Lehre und Bündnisse von 1835, S. 59 – erst 1921 als nicht kanonisch erklärt
und entfernt; siehe bspw. http://josephsmithpapers.org/paperSummary/doctrine-and-covenants-1844?dm=image-and-text&zm=zoom-inner&tm=expanded&p=63&s=undefined&sm=none)
Plötzlich in
der Ausgabe des Buch Mormons von 1837 änderte er in 1. Nephi 11:18, 21, 32 und
13:40 Hinweise auf Jesus als Gott zu „Sohn Gottes“, beispielsweise:
1. Nephi
11:21 (Original): „Und der Engel sprach
zu mir: Sieh das Lamm Gottes, ja, selbst den Ewigen Vater!“
1837er
Version: „Und der Engel sprach zu mir:
Sieh das Lamm Gottes, ja, selbst den Sohn des Ewigen Vaters!“
Es ist also
sehr naheliegend, dass er seine Vorstellung der Gottheit zwischen 1835 und 1837
änderte und daraufhin versuchte, das Buch Mormon dahingehend umzuschreiben.
Vermutlich musste er jedoch feststellen, dass dies erhebliche Veränderungen
bedeutet, die dann auch offensichtlich sein würden. Und so beließ er es bei
diesen wenigen Änderungen. Wobei dies natürlich Mutmaßungen sind. Klar ist
hingegen: Vor 1837 hat er eine trinitäre Vorstellung von Gott gelehrt, die sich
sowohl im Buch Mormon als auch in seiner Bibelübersetzung sowie Lehren in
Kirtland wiederfinden.
Damit kann die Erste Vision nicht so
stattgefunden haben, wie er dies 1838 beschreibt. Denn sonst hätte er viel
früher die getrennte Natur von Gott Vater und Jesus klar hervorgestellt.
Die
Vorstellung, dass Gott Vater Elohim heißt, kam übrigens noch viel später und
ist eine rein mormonische Konstruktion und Erfindung. Sie hat keinerlei
biblische Grundlage.
Joseph Smith
selber setzte Jehova und Elohim gleich. Beides waren Titel für ein und dieselbe
Person der Gottheit.
„Du ewig, allmächtig, allwissend und allgegenwärtig Jehovas - Gott -Du Elohim, der, wie
der Psalmist sagt, im Himmel thront.“ (History of the Church, Bd.
5, ch. 6, p. 127)
„... wir plädieren die Gerechtigkeit unserer Sache, vertrauen in den Arm des HERRN, der Elohim,
der auf dem Thron im Himmel sitzt, dass er uns vielleicht den Sieg schenkt…“ (History of the Church, Bd. 5, ch.5,) S.94)
„... wir plädieren die Gerechtigkeit unserer Sache, vertrauen in den Arm des HERRN, der Elohim,
der auf dem Thron im Himmel sitzt, dass er uns vielleicht den Sieg schenkt…“ (History of the Church, Bd. 5, ch.5,) S.94)
Das Elohim
das generische Wort für Gott war, hatte er vom jüdischen Gelehrten Joshua
Seixas gelernt, auf den Joseph in Kirtland traf. Außerdem hat Joseph noch
gelehrt, dass Gott Vater und Jehova ein und dieselbe Person sind. Und dass
Jesus eben nicht Jehova, sondern sein Sohn ist. Dazu muss man nur mal das erste
Kapitel von Mose in der Köstlichen Perle lesen. Oder hier:
„Wir glauben an Gott, den Vater, der
erhabene Jahwe und Haupt aller Dinge ist, und
dass Christus der Sohn Gottes ist, gleich ewig mit dem Vater.“ (The Times and Seasons, Vol.3, p.358 Nov. 15,1841)
dass Christus der Sohn Gottes ist, gleich ewig mit dem Vater.“ (The Times and Seasons, Vol.3, p.358 Nov. 15,1841)
Es sollte
noch bis 1916 dauern, bis es offiziell ‚klargestellt‘ wurde, dass es einen Gott
über Jehova gibt und zwar Elohim und dass Jesus der vorirdische Jehova ist.
Talmage legte seine Arbeit am 29.06.1916 der Ersten Präsidentschaft vor mit dem
Titel: „Der Vater und der Sohn: eine Glaubenslehre
der Ersten Präsidentschaft und der Zwölf“. Sie wurde am darauf folgenden
Tag akzeptiert und der Kirche mitgeteilt (siehe Boyd Kirkland, The Development
of the Mormon Jehovah Doctrine
Sunstone 9.2
http://www.lds-mormon.com/jehovahasfather.shtml).
Heute kann
sich kaum ein Mitglied der Kirche vorstellen, dass diese Lehre mal so ganz
anders ausgesehen hat und der Lehre Joseph Smiths widerspricht.