Ich war schockiert,
als ich las, was die in Salt Lake City entführte Elizabeth Smart dachte,
nachdem sie vergewaltigt worden war:
„Ich
dachte: 'Oh Mann, ich bin das zerkaute Stück
Kaugummi, niemand kaut ein Stück Kaugummi wieder, man wirft es weg.‘ Und so einfach ist es zu
fühlen, dass man keinen Wert mehr hat,
nichts mehr wert ist... Warum sollte es
sich noch lohnen laut zu schreien? Warum sollte es noch einen
Unterschied machen, wenn man gerettet wird? Dein Leben hat keinen Wert mehr.“
Woher kommt eine
derart irrige Vorstellung? Sie entspringt der Ideologie der Kirche, wonach
Keuschheit wertvoller ist als das Leben. Unkeuschheit rangiert
kurz vor Mord in der Sündenskala. Daher stammt dieses abnormale Gedankengut:
"Ihre Keuschheit ist mehr wert als Ihr Leben, Ihr jungen Leute bitte
bewahrt Euch eure Tugend, auch wenn Ihr euer Leben verliert."
Präsident David O McKay
Präsident David O McKay
"Auch weitreichend ist die Wirkung des Verlusts der Keuschheit. Sobald gegeben
oder genommen oder
gestohlen kann sie nie wieder
zurückkehren. Auch bei erzwungenem Kontakt wie Vergewaltigung oder Inzest wird der Geschädigte stark
schockiert. Wenn sie nicht mitgeholfen und zur abscheulichen
Tat beigetragen hat, ist sie natürlich in einer günstigeren Position. Es gibt keine Verurteilung, wo es keine
freiwillige Beteiligung gibt. Es ist
besser, in Verteidigung der
Tugend zu sterben, als zu leben und
sie ohne Kampf verloren zu haben."
Spencer W. Kimball, Das Wunder der Vergebung.
"Es gibt keinen wahren Heiligen
der Letzten Tage, der nicht lieber einen Sohn oder eine Tochter begraben würde,
als ihn oder ihre Keuschheit verlieren
zu sehen – zu begreifen, dass
Keuschheit wertvoller ist als alles andere auf der ganzen Welt."
Heber J. Grant in Das Wunder der Vergebung zitiert von Spencer W. Kimball
Heber J. Grant in Das Wunder der Vergebung zitiert von Spencer W. Kimball
"Sexuelle Sünde die unerlaubte sexuelle Beziehungen von Männern und Frauen steht, in seiner Ungeheuerlichkeit, neben Mord."
Nachricht von der Ersten Präsidentschaft, James R. Clark
Nachricht von der Ersten Präsidentschaft, James R. Clark
"Sexuelle
Reinheit ist der kostbarste Besitz der Jugend, sie ist die Grundlage aller Rechtschaffenheit.
Besser tot und rein als unrein lebendig.”
-Botschaft der Ersten
Präsidentschaft, Generalkonferenz April 1942
Glücklicherweise wird
es heutzutage nicht mehr ganz so krass ausgedrückt, aber die Vorstellung ist
nach wie vor vorhanden, wie man der Broschüre für die Jungen Damen unter
Tugendhaftigkeit entnehmen kann:
„Tugendhaftigkeit ist
eine Denk- und Verhaltensweise, die auf hohen moralischen Grundsätzen beruht.
Dazu gehören auch Keuschheit und Reinheit. Die Macht, sterbliches Leben zu
erschaffen, ist eine erhabene Kraft, die Gott seinen Kindern geschenkt hat. Er
hat geboten, dass diese Kraft nur zwischen einem Mann und einer Frau angewandt
werden darf, die rechtmäßig miteinander verheiratet sind. Befasse dich
damit, welche Bedeutung und welchen Stellenwert Keuschheit und Tugendhaftigkeit
haben. Lies dazu Moroni 9:9, Jakob 2:28, die Proklamation zur Familie (siehe
Seite 101) sowie den Abschnitt über sexuelle Reinheit in der Broschüre Für
eine starke Jugend. Lies auch den 13. Glaubensartikel und Sprich- wörter
31:10-31. Schreib in dein Tagebuch, welche Segnungen für sexuelle Reinheit
verheißen sind, und dass du fest entschlossen bist, keusch zu bleiben.“
In
der empfohlenen Schriftstelle in Moroni 9:9 geht es um die Vergewaltigung von
Mädchen:
„Und ungeachtet dieses
großen Greuels der Lamaniten übertrifft er doch nicht denjenigen unseres Volkes
in Moriantum. Denn siehe, viele der Töchter der Lamaniten haben sie
gefangengenommen; und nachdem sie sie dessen beraubt haben, was vor allem
anderen höchst teuer und kostbar ist, nämlich Keuschheit und Tugend—„
Sister Dalton hat
diese Schriftstelle übrigens bei der April-Generalkonferenz 2013 angesprochen. Die
Mädchen wurden vergewaltigt, ermordet und aufgegessen! Was ist das für eine
kranke Analogie? Im Programm ‚Pflicht für Gott‘ der jungen Männer wird
zwar auch die Würdigkeit angesprochen, aber nicht in dieser Form. Anscheinend
müssen sich besonders die Mädchen ihre Unschuld bewahren.
Jeder Hinweis für
junge Frauen oder junge Männer,
der vermittelt, dass ihr Wert oder Tugend daran gebunden ist, ob sie einvernehmlichen Sex haben oder Opfer von Vergewaltigung sind, sollte
von Lehrmaterialien entfernt werden. Vor solchen Lehren müssen wir unsere Kinder
schützen. Ihr Wert wird durch nichts derartiges gemindert. Selbst wenn sie
unkluge und unvernünftige Entscheidungen treffen sollten. Tugend und Moral ist
viel, viel mehr als sexuelle Reinheit. Es muss Schluss sein mit dieser Angstmacherei,
diesem Spiel mit Schuldgefühlen. Wenn Mädchen untersagt wird, mit Bikinis
Schwimmen zu gehen oder an Aktivitäten teilzunehmen, weil ihre Knie oder
Schultern nicht vollständig bedeckt sind, so ist das krank und die schlimmste
Form von Pharisäertum.
Diese Besessenheit mit Keuschheit führt doch
erwiesenermaßen nur zum Gegenteil. Weil der Reiz des Verbotenen dann so groß
wird und die anschließenden Schuldgefühle. Kein Wunder, dass Utah führend in
Sachen Internet-Pornografie-Nutzung ist. Wie Präsident Packer so schön auf der
letzten Generalkonferenz gesagt hat: „… wie alle Tugenden kann sie zum Laster
werden, wenn man es damit übertreibt.“ (auch wenn er hier natürlich von
Toleranz als Tugend sprach)
Wenn man an das Sühnopfer glaubt, dann bitte richtig. Und
das bedeutet, dass Christus alle Sünden vollständig hinwegwaschen kann, wenn
wir Umkehr üben. (Die Geschichte mit dem Heiligen Geist mal außen vor; dazu muss einem ja der Himmel geöffnet gewesen sein usw.) Dies wird im Neuen Testament durch die Begegnung mit der
Ehebrecherin nur bestätigt. Er hat sie nicht verstoßen, nicht verurteilt, nicht
als wertlos oder nahe an einer Mörderin bezeichnet, ihr keine unnötigen Schuldgefühle
bereitet. Und auch niemanden auf Rocklängen & Co. angesprochen.
Leider gibt es in der Mormonenkirche eine Tradition, das
Sühnopfer als unzureichend für bestimmte Sünden anzusehen. So lehrte Brigham
Young und andere Kirchenführer, dass gemischtrassige Paare mit ihren Kindern
auf der Stelle durch Halsdurchschneiden zu töten sind (Stichwort Blutsühne).
Und Blutsühne wurde in Utah unter Brigham Young auch praktiziert. Aber das liegt
lange hinter uns. Und das sollte langsam auch für die übertriebene Fixierung
auf Keuschheit gelten, insbesondere für die Verknüpfung von Keuschheit und dem Wert
einer Person.