Lehre und Bündnisse 132 Teil 2: Polygamie, Polyandrie, Vielehe


Vers 34 ist eine Verdrehung der biblischen Aussage von Genesis:
Sarai, Abrams Frau, hatte ihm keine Kinder geboren. Sie hatte aber eine ägyptische Magd namens Hagar. Sarai sagte zu Abram: Der Herr hat mir Kinder versagt. Geh zu meiner Magd! Vielleicht komme ich durch sie zu einem Sohn. Abram hörte auf sie. (16:1-2)
Demgegenüber heißt es in Vers 34:
Gott gebot Abraham, und Sara gab Abraham die Hagar zur Frau. Und warum tat sie das? Weil es das Gesetz war; und aus Hagar entsprangen viele Völker. Darum war dies, unter anderem, die Erfüllung der Verheißungen.
Nach Genesis war es Sara, die auf die Idee kam, und nicht etwa ein göttliches Gebot oder Gesetz. Es war eher ein Mangel an Glauben an die göttliche Verheißung, die dazu führte, dass Sara durch ihre Magd an ein Kind kommen wollte. Und dies war damals durchaus nicht unüblich, aber kein Gesetz. Außerdem hat Abraham Hagar nach Genesis nicht zur Frau genommen, sondern lediglich geschwängert.

Auch die Aussage in Vers 39, Natan habe David die Nebenfrauen gegeben ist aus biblischer Sicht höchst zweifelhaft. Was uns die Bibel hingegen lehrt, ist, dass Mehrehen, Konkubinen und Nebenfrauen zu Streit, Konflikten und Leid führen. Und genauso war es unter Joseph Smith, wo Emma schrecklich litt. Und letztlich war es die Vielehe und in gewisser Hinsicht die Ursprungsfassung von LuB 132, die zu Josephs Ermordung führte. Denn diese wurde auch William Law, dem Ratgeber Joseph Smiths, gezeigt. Woraufhin er zu Joseph Smith ging, um zu klären, ob diese tatsächlich von ihm stamme. Daraufhin wollte er die geheimen polygamen Machenschaften mit Hilfe einer Zeitung ans Tageslicht bringen. Joseph ließ die Druckerpresse zerstören, wurde dafür verhaftet und dann im Gefängnis gelyncht. Auch in Utah hat die Vielehe unheimlich viel Probleme und Kummer verursacht: vereinsamte Frauen, gebrochene Frauenherzen, wenn die Männer sich jüngeren Frauen zuwandten und diese teilweise sogar im gleichen Haushalt lebten, Zwangskastrationen, weil lokale Kirchenführer bestimmte junge Frauen nicht bekamen usw. So riet Eliza Snow den Frauen, sie sollten ihre Zuneigung auf ihre Kinder und nicht ihre Männer richten, um mit der Mehrehe klarzukommen.

Außerdem verdeutlicht Vers 39, dass Joseph Smith Frauen als Ware gesehen hat. So werde David seine Frauen nicht ererben, denn sie werden einem anderen gegeben. Nach Vers 44 hat Joseph die Macht, Frauen zu nehmen und sie einem anderen zu geben. Dieses ‚gegeben‘ und ‚gehört‘ geht im ganzen Abschnitt so weiter. Frauen werden nicht als gleichberechtigte Partner, sondern als Gut und Besitztum gesehen.

Vers 35 und 36 drückt ein ebenso problembehaftetes Prinzip aus: Jedes auch noch so moralisch bedenkliches Verhalten ist gerechtfertigt, wenn von Gott geboten. So ist auch der Völkermord der Israeliten im AT in Ordnung.


Die wenigsten Mormonen kennen den Hintergrund von Vers 51, wo es heißt:
Wahrlich, ich sage dir: Ein Gebot gebe ich meiner Magd Emma Smith, deiner Frau, die ich dir gegeben habe, daß sie sich zurückhalte und nicht von dem nehme, was ich dir gebot, ihr anzutragen;
Emma sollte demnach doch nicht das annehmen, was Joseph ihr durch göttliches Gebot vorgeschlagen hatte. Joseph hatte ihr nämlich einen Partnertausch mit den Laws vorgeschlagen. Emma war nämlich einsam, da Joseph ja seine über 30 Frauen aufsuchte und so schlug Joseph ihr vor, sie könne ja William Law als zusätzlichen Mann bekommen. Dass Frauen mehrere Männer haben konnten, war unter Joseph Smith nicht unüblich. Rund ein Drittel seiner Frauen waren bereits verheiratet und die meisten von ihnen lebten auch weiterhin mit ihren ersten Ehemännern zusammen. So wurde beispielsweise Orson Hydes Frau Nancy während dieser auf Mission in Palästina war zunächst Williard Richards als weiteren Ehemann gegeben. Da diese Beziehung jedoch nicht gut verlief, wurde sie schließlich an Joseph Smith gesiegelt. Oder die 3. Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung, Zina Diantha Huntington (Jacobs) (Smith) (Young), die im März 1841 mit 20 Jahren Henry Jacobs heiratete und dann im Oktober Joseph Smith. 1846 heiratete sie schließlich Brigham Young, der Henry auf Mission nach England geschickt hatte und bei seiner Rückkehr erfahren musste, dass sie nun bei Brigham lebte und mit ihm ein Kind gezeugt hatte. 

Es gab also fröhliches Hin- und Hergeheirate. Und sollte einer Frau dies nicht gefallen, dann wird sie gemäß Vers 54 und 64 vernichtet - was auch immer das in Sachen Herrlichkeiten heißt. Der Mann kann auf jeden Fall tun, was er will. Er sollte seine Frau eigentlich fragen. Sollte sie aber nicht zustimmen, kann er trotzdem fröhlich andere Jungfrauen ehelichen. Beides hat Joseph wenig gekümmert, denn er hat zum einen seine erste Frau Emma nur in wenigen Fällen gefragt und zum anderen eher ein Faible für entjungferte bereits verheiratete Frauen gehabt, wobei er auch 14-Jährige geheiratet hat.

Alles in allem klingt der Abschnitt schon sehr stark nach Drohung von Joseph Smith an Emma gerichtet und nicht gerade nach Erklärung eines liebevollen Gottes und Heilung für Emmas gebrochenes Herz. Die Begründung ist außerdem mehr als fadenscheinig: nur weil Abraham im AT lange Zeit keine Kinder mit seiner Frau zeugen konnte und es damals Sitte war, dass Dienerinnen auch mal Leihmutter spielen mussten, soll das als Teil der Wiederherstellung auch für Joseph Smith vonnöten sein. Sehr verwirrend und widersprüchlich.