Mit der neuen Seite unter http://www.lds.org/topics/race-and-the-priesthood sorgt die LDS-Kirche weder für Aufklärung noch bringt sie eine Entschuldigung zustande.
Der Inhalt in aller Kürze:
Brigham Young ist an allem schuld. Joseph Smith hingegen hat Schwarzen das Priestertum übertragen und sich für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt. Die Präsidenten nach Brigham Young und insbesondere David O. McKay hatten leider keine Inspiration erhalten, den Schwarzen wieder das Priestertum und Zugang zum Tempel zu ermöglichen. Erst unter Spencer W. Kimball wurde eine entsprechende Offenbarung erhalten.
Ganz wichtig:
"Heute leugnet die Kirche die Theorien, die in der Vergangenheit vorgetragen wurden, dass schwarze Haut ein Zeichen der göttlichen Ungnade oder eines göttlichen Fluchs sei, oder dass es Handlungen in einem vorirdischen Leben reflektiere, dass Misch-Ehen eine Sünde oder dass die Schwarzen oder Menschen einer anderen Rasse oder ethnischen Herkunft in irgendeiner Weise minderwertiger seien. Die Führer der Kirche verurteilen heute eindeutig allen gegenwärtigen und vergangenen Rassismus jeder Form."
Klingt soweit nett und nach einem Schritt in die richtige Richtung. Was aber sind die Probleme des neuen Artikels?
1. Joseph Smiths zweifelhafte Position gegenüber Schwarzen wird unterschlagen. So hat er durchaus geglaubt, Sklaverei sei durch die Bibel gerechtfertigt.
2. Es wird nur unterschwellig gesagt, dass Brigham Young nicht inspiriert gehandelt und sich geäußert habe, als er den Priestertums-Bann für Schwarze einführte und die Sklaverei in Utah legalisierte.
3. Wenn gesagt wird, dass Brigham Young aber prophezeit habe, dass Schwarze in der Zukunft alle Rechte und Privilegien anderer Mitglieder genießen würden, wird vertuscht, dass Brigham Young ausdrücklich davon sprach, dass dies erst im Millenium der Fall sein werde. Mal stimmten also seine Prophezeiungen in Teilen, mal waren seine Aussprüche nur Ausdruck seiner menschlichen Vorurteile.
4. Es wird so getan, als ob das Buch Mormon sich einheitlich gegen Rassismus ausspreche. Aber man lese nur mal 2. Nephi 5:21:
"Und er hatte wegen ihres Übeltuns den Fluch
über sie kommen lassen, ja, einen schweren Fluch. Denn siehe, sie
hatten ihr Herz gegen ihn verhärtet, so daß es wie ein Kieselstein
geworden war. Deshalb, da sie weiß waren und überaus anmutig und angenehm, ließ der Herr, Gott, damit sie für mein Volk keinen Anreiz mehr hätten, ihre Haut schwärzlich werden."
5. Der Widerruf der Diskriminierung im Jahr 1978 wird als großartige Offenbarung gefeiert. Wie mühsam der Abstimmungsprozess war und dass andere Teilnehmer ausdrücklich nicht von besonderen göttlichen Manifestationen sprechen, wird gerne beiseite gelassen. Letztlich war der Auslöser, dass BYU nicht mehr zu Football-Tournieren zugelassen wurde, wie böse Zungen behaupten.
6. Das Schlimmste: Keine Entschuldigung! Kein "Es tut uns leid!" Kein wirkliches Bedauern und klare Erklärung, dass die Regelung nicht göttlichen Ursprungs gewesen ist. Entschuldigung den Schwarzen gegenüber und allen anderen Mitgliedern gegenüber. Da braucht es 35 Jahre nach Aufhebung des Banns, um mal eben festzustellen, dass die einstige Regelung nicht wirklich göttlichen Ursprungs war und 1978 nur ein menschlicher Fehler korrigiert wurde. Ich erinnere mich noch, wie mir im MTC verkauft wurde, wie Gott dereinst im Alten Testament das Priestertum nur dem Stamm Levi zubilligte und genauso in der Neuzeit zunächst nur den Weißen. Und in Leitfäden, aus denen noch vergangenes Jahr gelehrt wurde, ist nach wie vor der Rat Spencer W. Kimballs enthalten, im Allgemeinen von gemischtrassigen Ehen abzusehen. Da wäre eine Entschuldigung schon mal angebracht. Und auch eine deutlichere Distanzierung als eine obskure Pressemitteilung.
7. Keine Erklärung dafür, dass die Kirche über 80 Jahre unter angeblicher göttlicher Führung brauchte, um den Fehler zu korrigieren. Nichts von Sehertum. Und scheinbar liegt es auch Gott nicht großartig am Herzen. Denn sonst hätte er ja im Alten Testament mal die Sklaverei verurteilen können. Und für Jesus war die Sklaverei auch okay - hat sogar ein hübsches Gleichnis dazu erzählt.
8. Kein Lernen aus der Vergangenheit: Könnte mit der Position zur Homosexualität Ähnliches passieren? Na klar.
Sorry, liebe Mormonen-PR-Profis aus Salt Lake City: das ist ein ganz erbärmlicher Versuch.