Atheismus 2.0 - Religion für Atheisten

Interessanter Ansatz von Alain de Botton, der sekulare Tempel, elektronische Klagemauern usw. errichten und damit das Schöne und Gute der Religionen retten will, indem er die Wahrheitsfrage fallen lässt und religiöse Rituale sekularisiert:

„Die langweiligste und unproduktivste Frage, die man sich zu einer Religion stellen kann, ist die, ob sie wahr ist oder nicht.“

„Religionen sind insgesamt gesehen zu nützlich, effektiv und intelligent, um sie allein den Gläubigen zu überlassen.“

Die Frage sollte nicht lauten: Haben Religionen Recht? Die Fragen sollten sein: Wozu sind Religionen eigentlich gut? Warum gibt es sie? Wir sollten Antworten auf diese Fragen finden und sie analysieren. Wenn wir das tun würden, wäre das ein großer Fortschritt für unsere säkulare Gesellschaft.

„Die Weisheit der Religionen gehört allen Menschen, selbst den rationalsten unter uns, und sie verdient es, dass ihre besten Teile auch von den größten Gegnern des Übernatürlichen wieder aufgegriffen werden.“

„Der Ausgangspunkt aller Religionen ist dieser: Wir sind Kinder und wir brauchen Führung. Die säkulare Welt erachtet dies als Beleidigung. Sie betrachtet Erwachsene als reif und hasst deshalb jegliche Anleitung und moralische Vorschrift. Aber natürlich sind wir Kinder, große Kinder, die daran erinnert werden müssen, wie sie leben sollen. Das moderne Bildungssystem verweigert das. Es geht davon aus, dass wir vernünftig, einsichtig und kontrolliert agieren. Aber wir sind alle beinah immerfort an der Grenze zu Schrecken und Panik. In meinem Buch empfehle ich, dass wir die Kunst nutzen lernen als Quelle des Trostes, der Identifikation, der Führung, der Erbauung.“

„Wir Atheisten haben noch viel zu lernen, wie wir ein gutes Leben außerhalb von Religionen führen können.“

Es gab immer zwei Elemente in den Religionen. Das eine könnte man den Opium-Teil nennen, das anderen den Therapie-Teil. Sie unterscheiden sich so, wie sich das Übernatürliche von der Psychologie unterscheidet. Wenn versprochen wird, dass es ein ewiges Leben gäbe, dass Gott einem tatsächlich zuhört, dann wirkt das wie Opium. Die andere Seite enthält aber psychologische Weisheit. Das Zusammenkommen als Gemeinschaft, das gemeinsame Singen, sich gegenseitig zu helfen, die Menschen nicht nur für ihre Macht zu respektieren, sondern für sie selbst. Freundlich sein – diese Kennzeichen von Religionen existieren unabhängig vom Übernatürlichen. Die interessieren mich.

Also, alles nur Opium und Illusion? Heuchelei und Lügen, Unterdrücken von Information und Verfälschen von Fakten gehören sicherlich nicht zu den Aspekten des Mormonismus, die es wert sind, in eine sekulare Welt zu retten. Aber Aspekte der Gemeinschaft, gesunde Demut und Reflexion und anderes sicherlich schon. Der Opium-Teil ist leider bei den Mormonen sehr ausgeprägt.

Siehe auch:

http://www.sciscoop.com/atheism-2-0-dont-get-god-get-good.html (Video mit deutschen Untertiteln)

http://www.srf.ch/sendungen/sternstunde-religion/religion-fuer-atheisten-alain-de-botton-im-gespraech

http://www.scilogs.de/chrono/blog/hinter-grunde/allgemein/2013-05-18/religionen-intelligent-bestehlen-alain-de-bottons-religion-f-r-atheisten

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/01/Religion-Atheisten/seite-3