Ein Italiener namens Antonio Lebolo hatte im ägyptischen
Theben mehrere Gräber ausgeraubt darunter 11 Mumien. Nach seinem Tod wurden diese
nach Amerika verschifft und an einen gewissen Michael Chandler versteigert. Dieser
tourte mit den Mumien und den dabei gefundenen Papyrusrollen durch die Lande
bis er 1835 in Kirtland eintraf. Joseph glaubte, eine der Schriftrollen stamme
aus der Feder von Abraham, eine andere von Joseph. Daher erwarb er für 2.400 $
vier der Mumien und mindestens fünf Papyrusrollen und begann diese zu
übersetzen. 1842 wurde die Übersetzung der Abraham-Schriftrolle in der
Kirchenzeitung ‚Times and Seasons‘ veröffentlicht, 1851 als Teil der ‚Köstlichen
Perle‘ in England sowie 1878 in Utah. Zwei Jahre später wurde diese schließlich
zur Heiligen Schrift erklärt.
Nach dem Tod Joseph Smiths gelangten die Rollen in den Besitz
Emmas, die die Rollen an ein Museum in Chicago gab. Als das Museum 1871 in
Flammen aufging, glaubte man zunächst, die Papyrus-Rollen wären vollständig
zerstört worden. 1966 wurden dann doch Überreste der Rollen in New York
gefunden, die der Kirche 1967 übergeben wurden.
Wie sich nun herausstellte, handelte es sich bei dem
Dokument um eine übliche Grabbeigabe. Es wurde auf das 1. Jahrhundert nach
Christi datiert und hat auch inhaltlich nichts mit Abraham zu tun. Zudem war ‚Facsimile
1‘ wohl schon zu Josephs Zeit unvollständig und wurde auf seine Anweisung hin „ergänzt“.
Da man mittlerweile Dutzende ähnliche Facsimiles gefunden hat, wurden Josephs „Ergänzungen“
als fälschliche Spekulation entlarvt.
Noch schwerwiegender ist die Entdeckung des zugrunde
liegenden ägytischen Alphabets, das Joseph erstellen ließ und lange Zeit von
der Kirche verschlossen wurde. Dies beinhaltet in zwei Spalten die Hieroglyphen
und die dazugehörige „Übersetzung“ Josephs. Eindeutig zeigt dieses, dass Joseph
keinerlei Ahnung vom Aufbau und der Bedeutung der ägyptischen Zeichen hatte.
Hinzu kommt, dass die Quellen der Inspiration für den Inhalt
des Buch Abrahams ebenso mittlerweile identifiziert wurden. Hierzu gehört das
Buch ‚Antiquities of Freemasonry‘, das von vielerlei Planeten, vorirdischem
Dasein und dem Versuch, Abraham zu opfern, berichtet. Außerdem besaß Joseph
folgende Bücher in seiner Bibliothek, die ebenfalls auffällige Parallelen zum
Test aufweisen: Die Werke von Flavius Josephus (Astronomie Abrahams), ‚Philosophy
of a Future State‘ und ‚Die sechs Bücher von Proclus über die Theologie Platos‘
(Intelligenzen, Rat im Himmel).
Elder Holland wurde vor kurzem zu den Problemen interviewt
und sagte: „Alles, was ich sage, ist, dass das, was übersetzt wurde, in das
Wort Gottes übersetzt wurde. Den Vorgang dafür verstehe ich nicht und gebe dies
auch nicht vor und kenne auch kein Ägyptisch.“ Ich finde das wenig überzeugend.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Gott Joseph glauben lässt, er würde tatsächlich
Aufzeichnungen Abrahams übersetzen, wenn es sich um gewöhnliche heidnische
Texte handelt? Warum sollte Gott solche Spielchen treiben? Und wenn die
Schriftrollen nur als Auslöser für göttliche Inspiration dienten, warum musste
er dann ein falsches ägyptisches Alphabet erfinden und Sätze und Ideen aus den
Büchern verwenden, die er gerade las? Natürlich ist es nicht unmöglich, dass
Gott auf solch indirekte und ausgefuchste Art und Weise handelt. Aber die
einfachste und offensichtlichste Erklärung ist doch, dass Joseph Smiths
vermeintliche Inspiration nichts anderes als fälschliche Illusion war.