Im Gegensatz zur Vorstellung Vieler wird die Schlange im
Garten Eden im AT nicht mit Satan gleichgesetzt. Hier heißt es nur:
Die Schlange war
schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. (Genesis
3:1)
Erst im NT wird die Verbindung zwischen der Schlange und
Satan hergestellt:
Ich fürchte aber, wie
die Schlange einst durch ihre Falschheit Eva täuschte, könntet auch ihr in
euren Gedanken von der aufrichtigen und reinen Hingabe an Christus abkommen.
(2. Korinther 11:3)
Stellen im AT wie Jesaja 27:1 beziehen sich nicht auf die
Schlange im Garten Eden, sondern das babylonische Seeungeheuer Leviatan als
Sinnbild für das vor der Schöpfung herrschende Chaos bzw. den heidnischen
Meeresgott der Nachbarvölker Israels.
An jenem Tag bestraft
der Herr mit seinem harten, großen, starken Schwert den Leviatan, die schnelle
Schlange, den Leviatan, die gewundene Schlange. Den Drachen im Meer wird er
töten. (Jesaja 27:1)
Mit deiner Macht hast
du das Meer zerspalten, die Häupter der Drachen über den Wassern
zerschmettert. Du hast die Köpfe des Leviatan zermalmt, ihn zum Fraß
gegeben den Ungeheuern der See. (Jesaja 74:13,14)
Im AT gibt es keinen Satan oder Teufel, der in Auflehnung zu
Gott handelt und die Menschen verführt. Stattdessen ist Satan keine Person,
sondern ein Amt im Rat Gottes. Denn laut AT kommt sowohl alles Gute als auch
alles Böse von Gott. Satan kann man in gewisser Hinsicht mit der Aufgabe des
Staatsanwalts bei Gericht vergleichen, außer dass er auch noch zum Verbrechen
verführt und für Verbrechen bestraft.
Der Herr hat gegeben,
der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn. (Hiob 1:21)
Nehmen wir das Gute an
von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen? (Hiob 2:10)
Der Herr entgegnete
ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gegeben und wer macht taub oder stumm,
sehend oder blind? Doch wohl ich, der Herr! (Exodus 4:11)
Ich aber will das Herz
des Pharao verhärten und dann werde ich meine Zeichen und Wunder in Ägypten
häufen. (Exodus 7:3)
Er wandelte ihren Sinn
zum Hass gegen sein Volk, sodass sie an seinen Knechten tückisch handelten. (Psalm
105:25)
Ich erschaffe das
Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich
bin der Herr, der das alles vollbringt. (Jesaja 45:7)
Warum lässt du uns,
Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart, sodass wir dich
nicht mehr fürchten? (Jesaja 63:17)
Der Geist des Herrn
war von Saul gewichen; jetzt quälte ihn ein böser Geist, der vom Herrn kam.
(1. Sam. 16:14)
So gehört Satan zu den Gottessöhnen im Himmel:
Nun geschah es eines
Tages, da kamen die Gottessöhne, um vor den Herrn hinzutreten; unter ihnen kam
auch der Satan. (Hiob 1:6)
Dass die Mitglieder im Rat Gottes auch die Aufgabe
haben, für Versuchung zu sorgen, wird
besonders hier deutlich:
Micha aber fuhr fort:
Darum - höre das Wort des Herrn: Ich sah den Herrn auf seinem Thron sitzen; das
ganze Heer des Himmels stand zu seiner Rechten und seiner Linken. Und der Herr
fragte: Wer will Ahab betören, sodass er nach Ramot-Gilead hinaufzieht und dort
fällt? Da hatte der eine diesen, der andere jenen Vorschlag. Zuletzt trat der
Geist vor, stellte sich vor den Herrn und sagte: Ich werde ihn betören. Der
Herr fragte ihn: Auf welche Weise? Er gab zur Antwort: Ich werde mich aufmachen
und zu einem Lügengeist im Mund all seiner Propheten werden. Da sagte der Herr:
Du wirst ihn betören; du vermagst es. Geh und tu es! So hat der Herr jetzt
einen Geist der Lüge in den Mund all deiner Propheten gelegt; denn er hat über
dich Unheil beschlossen. (1. Könige 22:19-23)
Im Vater-Unser findet sich ein Nachklang dieser Vorstellung
mit: Und führe uns nicht in Versuchung.
J
esaja 14:12-15 wird fälschlicherweise Satan zugeschrieben:
Ach, du bist vom
Himmel gefallen, du strahlender Sohn der Morgenröte. Zu Boden bist du
geschmettert, du Bezwinger der Völker. Du aber hattest in deinem Herzen
gedacht: Ich ersteige den Himmel; dort oben stelle ich meinen Thron auf, über
den Sternen Gottes; auf den Berg der (Götter-) versammlung setze ich mich, im
äußersten Norden. Ich steige weit über die Wolken hinauf, um dem Höchsten
zu gleichen. Doch in die Unterwelt wirst du hinabgeworfen, in die äußerste
Tiefe.
Wie Vers 20 jedoch deutlich macht, wird hier nicht über den
Teufel gesprochen, sondern über den König von Babylon, der wie im Orient üblich
mit Gott verglichen wird:
Du hast dein eigenes
Land zugrunde gerichtet, hingemordet dein eigenes Volk; darum soll man die
Namen der Nachkommen dieses Verbrechers niemals mehr nennen.
Erst im NT wird Satan als gegen Gott handelndes Wesen dargestellt,
wie es in den Versuchungen Jesu deutlich wird (Matth. 4:1-11). Woher der Wandel? Man geht davon aus, dass die persischen
Dämonen-Vorstellungen einen Einfluss auf die jüdischen Vorstellungen gehabt
haben. Nach Christi musste man nun die Vorstellungen des AT mit dem NT
verbinden. Dazu finden wir im Lukasevangelium einen ersten Hinweis:
Ich sah den Satan wie
einen Blitz vom Himmel fallen. (Lukas 10:18)
Am deutlichsten wird es in Offenbarung 12. Hier wird Satan
sowohl mit der Schlange aus Genesis als auch dem babylonischen Drachen
gleichgesetzt:
Er wurde gestürzt, der
große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt
verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel
hinabgeworfen. (Offenb. 12:9)
In der Bibel wird Satans Vertreibung nicht im Zusammenhang
mit Geschehnissen vor der Grundlegung der Welt beschrieben. Unklar bleibt, wann
genau der Kampf stattgefunden haben soll. Die meisten Interpretationen gehen
davon aus, dass Satan zunächst die im AT beschriebene göttliche Aufgabe des
Anklägers ausübte, dann irgendwann übermütig wurde und schließlich aus dem
Himmel vertrieben wurde.
Offenbarung erklärt somit, warum nach Gottes Sieg am Kreuz
nach wie vor Sünde und Verfolgung der Gläubigen existieren. Der Autor von
Offenbarung ging jedoch davon aus, dass der endgültige Sieg über Satan
unmittelbar bevorstand. Aus heutiger Sicht ist es somit nicht verständlich,
warum Gott das Treiben Satans auf der Welt nach seiner Vertreibung und die von
ihm kontrollierte Versuchung in seinem Sinne im AT nun als Krieg gegen ihn
duldet.
Andere Theologen sehen alle Berichte über Satan in der Bibel
als bildlich, als Versuch, das Böse im Menschen zu erklären. Denn so muss man
den Menschen nur zum Teil für seine niederen Taten verantwortlich machen.
Buch Mormon und Lehre Bündnisse bestätigen den Fall Satans
bzw. dessen Vertreibung aus dem Himmel. Für die AT-Zeit jedoch untypisch haben
die Akteure im BM von Anfang an eine nachchristliche Vorstellung von Satan.
Und ich, Lehi, muß
nach dem, was ich gelesen habe, notwendigerweise annehmen, daß ein Engel
Gottes, nach dem, was geschrieben steht, vom Himmel gefallen war; darum ist er
ein Teufel geworden, denn er hatte nach dem getrachtet, was böse ist vor Gott. (2. Nephi 2:17)
Und der auch zu Joseph Smiths Zeiten bekannten Lehre vom
rein bildlichen Verständnis des Teufels wird im BM eine klare Absage erteilt. Darüber
hinaus muss Laut 2. Nephi 2:18 der Fall Satans vor Grundlegung der Welt
stattgefunden haben, da er mit der Schlange aus dem Garten Eden gleichgesetzt
wird.
In LuB wird die Lehre aus dem BM zunächst bestätigt:
Der Teufel versuchte
Adam, und dieser aß von der verbotenen Frucht und übertrat das Gebot, wodurch
er dem Willen des Teufels untertan wurde, weil er der Versuchung nachgab.
(LuB 29:40)
Und dies haben wir
auch gesehen und geben Zeugnis, daß ein Engel Gottes, der in der Gegenwart
Gottes Vollmacht hatte, der sich auflehnte gegen den Einziggezeugten Sohn, den
der Vater liebte und der am Herzen des Vaters war, aus der Gegenwart Gottes und
des Sohnes hinabgeworfen wurde und
Verderben genannt wurde, denn die Himmel weinten über ihn—er war Luzifer, ein
Sohn des Morgens. (LuB 76:25-26)
Und so kommen wir zum
vorirdischen Dasein:
Im AT finden wir keine klaren Hinweise auf einen Geist oder
Seele, die getrennt vom Körper des Menschen existiert.
Genesis 2:7 spricht nur davon, dass durch den Lebensatem der Mensch zu einem
lebendigen Wesen wurde.
Ich hauche euch meinen
Geist ein, dann werdet ihr lebendig und ich bringe euch wieder in euer Land. (Hesekiel
37:14)
Schriftstellen wie diese könnten jedoch so gedeutet werden:
Jedoch, es ist der
Geist im Menschen, des Allmächtigen Hauch, der ihn verständig macht. (Hiob
32:8)
… der Staub auf die
Erde zurückfällt als das, was er war, und der Atem zu Gott zurückkehrt, der ihn
gegeben hat. (Kohelet 12:7)
Auch im NT wird nicht klar, was genau der Geist oder die
Seele des Menschen ist.
Denn lebendig ist das
Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt
durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet
über die Regungen und Gedanken des Herzens; (Heb. 4:12)
Der Gott des Friedens
heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib
unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt.
(1. Thess. 5:23)
Genauso wenig spricht es im AT oder NT von einer realen Existenz
des Menschen vor seiner Geburt. So kann diese Aussage genauso als Bestätigung
des Vorherwissens Gottes verstanden werden:
Noch ehe ich dich im
Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß
hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich
dich bestimmt. (Jeremia 1:5)
Die Frage in Hiob Wo
warst du, als ich die Erde gegründet? (Hiob 38:7) stellt eher in Frage,
dass Hiob bei der Erschaffung der Erde dabei war. Und es ist wohl so, dass Hiob
nicht zu den jubelnden Gottessöhnen gehörte.
Vielmehr wurde darunter der Rat der Götter bzw. Engel verstanden.
Im NT wird häufig die Aussage anlässlich der Heilung eines
von Geburt an Blinden als Bestätigung des Glaubens an ein vorirdisches Dasein
verstanden.
Da fragten ihn seine
Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Ober haben seine Eltern gesündigt,
sodass er blind geboren wurde? (Johannes 9:2)
Erstens lässt sich aus der Antwort Jesu keine Bestätigung
erkennen. Zweitens bezieht sich die Aussage wahrscheinlich auf den rabbinischen
Glauben an die Möglichkeit zur Sünde im Bauch der Mutter oder die verbreitete Vorstellung
von der Möglichkeit der Wiedergeburt:
Als Jesus in das
Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die
Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere
für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. (Matth.
16:14)
Auch im BM finden sich keine klaren Hinweise auf ein
vorirdisches Dasein, wohl aber die Vorstellung von einer vom Körper getrennt
existierenden Seele.
Einzig Alma 13:3 könnte als Hinweis auf ein vorirdisches Dasein
gesehen werden. Aus Alma 13:3 geht jedoch nicht klar hervor, ob sich die beschriebene
Rechtschaffenheit auf ein Handeln im vorirdischen Dasein oder Gottes
Vorherwissen der Rechtschaffenheit auf Erden bezieht.
Und dies ist die
Weise, nach der sie ordiniert wurden—sie waren von Grundlegung der Welt an
gemäß dem Vorherwissen Gottes und aufgrund ihres außerordentlichen Glaubens und
ihrer guten Werke berufen und vorbereitet; zuallererst war es ihnen überlassen,
Gut oder Böse zu wählen; weil sie nun das Gute erwählt und überaus großen
Glauben ausgeübt haben, sind sie durch eine heilige Berufung berufen, ja, durch
jene heilige Berufung, die zusammen mit einer vorbereitenden Erlösung und gemäß
derselben für so jemand bereitet worden ist.
Weiterhin finden sich erste Hinweise in der Bibelübersetzung
Joseph Smiths des Schöpfungsberichts, in Mose 3:5:
und jede Pflanze des
Feldes, bevor sie auf Erden war, und jedes Kraut des Feldes, bevor es wuchs.
Denn ich, der Herr, Gott, erschuf alles, wovon ich gesprochen habe, geistig,
ehe es natürlich auf dem Antlitz der Erde war. Denn ich, der Herr, Gott, hatte
noch nicht regnen lassen auf dem Antlitz der Erde. Und ich, der Herr, Gott,
hatte alle Menschenkinder erschaffen und doch noch keinen Menschen, der die Erde
bebaute, denn im Himmel erschuf ich sie,
und noch war kein Fleisch auf der Erde, auch nicht im Wasser, auch nicht in der
Luft;
Es spricht von einer geistigen Schöpfung im Himmel. Es
bleibt unklar, was genau darunter zu verstehen ist. Ist darunter die Planung zu
verstehen oder die Kreation von Geistkörpern und Geistpflanzen? Es wird
allerdings nicht davon gesprochen, dass etwa die geistige Schöpfung der Tiere
anders verlaufen wäre als der Menschen. Auch gemäß LuB 77:2 ist es so, dass
nicht nur die Menschen Geister besitzen, sondern alle Lebewesen – also auch alle
Mücken, Fliegen und Spinnen.
der Geist des Menschen
gleicht seiner körperlichen Gestalt und ebenso der Geist der Tiere und eines
jeden anderen Geschöpfs, das Gott geschaffen hat.
Waren die dann auch im vorirdischen Dasein bei Gott? Und
begegnen wir den Abermilliarden an Insekten etwa wieder in der Auferstehung?
1833 fügt Joseph Smith diesen Lehren die Vorstellung aus dem
Freimaurertum von Intelligenz und Licht hinzu sowie die Andeutung, dass es
etwas vom Menschen gibt, was nicht erschaffen wurde, sondern ewig existiert:
Der Mensch war auch im
Anfang bei Gott. Intelligenz oder das Licht der Wahrheit wurde nicht erschaffen
oder gemacht und kann es auch gar nicht. (LuB 93:29)
Zunächst einmal erscheint es als ein Widerspruch zu dem, was
Joseph Smith vorher gelehrt hatte, nämlich:
Denn durch die Macht
meines Geistes habe ich es erschaffen; ja, alles, Geistiges und auch Zeitliches
(LuB 29:31)
und damit sie sich mit
dem Maß an Menschen fülle, gemäß seiner Erschaffung, ehe die Welt gemacht
wurde. (LuB 49:17)
Auch mit der offenbarten „Übersetzung“ der Pergamente von
den Mumien in Nauvoo in Form des Buch Abrahams wird beschrieben, dass der Mensch
etwas Ewiges beinhaltet:
[Die Geister] haben
zuvor existiert, sie werden kein Ende haben, sie werden hernach existieren,
denn sie sind n-olam oder ewig. (Abr. 3:18)
Die Erschaffung muss dann also die beschriebene Formung
sein:
Nun hatte der Herr
mir, Abraham, die Intelligenzen gezeigt, die geformt wurden, ehe die Welt war;
(Abr. 3:22)
Im Englischen spricht es von ‚organization‘, also
Organisation statt Formung. So sprach Joseph Smith davon, dass eine
Organisation durch die Ordnung des Priestertums stattfand.
Erst nach Joseph Smiths Tod entwickelte sich die Lehre von
der geistigen Geburt des Menschen, nämlich Gott habe aus den ewig existierenden
Intelligenzen Geistkinder geschaffen. Joseph Smith hingegen hat gelehrt, dass
der Geist der Menschen von ewiger Natur ist:
Der Geist des Menschen
ist kein geschaffenes Wesen. Es existierte von Ewigkeit und wird bis in alle
Ewigkeit existieren. (Ehat
and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 9)
Ich glaube, dass die
Seele ewig ist und keinen Anfang besitzt. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 33)
Wenn die Seele des
Menschen einen Anfang hätte, hätte sie sicher auch ein Ende. […] Geister sind ewig. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 60)
Der Geist oder die
Intelligenz der Menschen sind selbst existierende Prinzipien. (Ehat and
Cook, The Words of Joseph Smith, S. 68)
Joseph Smith hat ‚Geister‘, ‚Seele‘ und ‚Intelligenz‘
wechselnd verwendet, aber klar als ewig existierend erklärt. Die Formung bzw.
Organisation bestand in einer Ordnung der Seelen:
Er, der in den Himmeln
regiert, wenn er ein bestimmtes Werk zu tun hat, ruft die Geister zu ihm, um
sie zu organisieren. (Ehat
and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 207)
Wurden Geister nun geschaffen? Wurden sie geboren? Oder existierten
sie von aller Ewigkeit an? Gibt es einen Unterschied zwischen Intelligenz und
Geistelement? Fragen über Fragen. Die Lehre von der Geistgeburt entstand
vermutlich auf Basis von LuB 132:19, wo die Erhöhung als eine Fülle und eine Fortsetzung der Samens bezeichnet wird, was als
Möglichkeit interpretiert wird, Geistkinder zu erschaffen.
Auf jeden Fall muss man feststellen, dass es sehr schwer
fällt, die verschiedenen Lehren aus den einzelnen Heiligen Schriften in
Einklang zu bringen. Und es ist auch eine Mär, dass die Lehre Joseph Smiths für
Klarheit gesorgt hätte. Die vereinfachte heutige Lehre verdanken wir eher
Leuten wie Parley P. Pratt und Bruce R. McConkie.
Bleibt noch der Rat
und Krieg im Himmel:
Wie bereits dargestellt gibt es im AT keinen Hinweis auf
einen Gott feindlich gesinnten Satan. Hinweise auf eine Auseinandersetzung im
Himmel beziehen sich auf heidnische Vorstellungen von kämpfenden Drachen
während der Schöpfung (siehe bspw. Jesaja 51:9). Darüber hinaus gibt es die
Legende von Engeln, die entgegen dem Willen Gottes auf die Erde kamen und sich
Frauen nahmen. Dies wird in Genesis 6 beschrieben und als eine der Ursachen für
die Notwendigkeit der Flut angeführt, denn diese hätten üble Riesen als Kinder
zur Welt gebracht. Hierauf bezieht sich Judas 1:6:
Die Engel, die ihren
hohen Rang missachtet und ihren Wohnsitz verlassen haben, hat er mit ewigen
Fesseln in der Finsternis eingeschlossen, um sie am großen Tag zu richten.
Möglicherweise entstammt dieser Schriftstelle die LDS-Lehre
vom ersten Stand (in der King James Bibel heißt es ‚ersten Stand‘ statt ‚hohen
Rang‘), wie sie dann in Abr. 3:26 zum Ausdruck kommt. Wie dem auch sei, nach
jüdischem Glauben wurden diese rebellischen Engel an einen besonderen Ort unter
der Erde verbannt. Und dies wird im NT aufgegriffen als den Ort, den Jesus
während seiner Zeit im Grab besucht haben soll.
Joseph Smith hat in Mose 8:13-15 die Geschichte umgedreht.
So sollen gläubige Frauen ungläubige Männer geheiratet haben. Später hat Joseph
Smith diese Interpretation jedoch wieder revidiert:
Die Geschichte von
Josephus, in der er von Engeln spricht, die herunter kamen und sich von den
Töchtern der Menschen Frauen nahmen […] dies waren auferstandene Wesen, die die
celestialen Gesetze brachen. (George Laub´s Nauvoo Journal, S. 174)
Die Verbannung dieser rebellischen Engel hat nichts mit
einem Krieg im Himmel zu tun. Der einzige Verweis in der gesamten Bibel auf
einen Konflikt im Himmel findet sich in Offenbarung 12. Aus Offenbarung wird
nicht deutlich, wann der Konflikt stattfand. Bibelforscher sehen darin einen
Ausdruck der Zuspitzung zwischen den Guten und Schlechten Kräften kurz vor dem
Millenium, wie sie in der Verfolgung der frühen christlichen Kirche gesehen
wurde.
Im Buch Mormon findet sich nur der Hinweis in 2. Nephi 2:17
auf den Fall Satans. Und auch in der Köstlichen Perle wird nirgendwo von einem
Krieg im Himmel gesprochen. Einzig dass Satan und seine Anhänger sich aus dem
Himmel verabschiedeten:
Und der zweite wurde
zornig und bewahrte sich seinen ersten Stand nicht, und an jenem Tag folgten
ihm viele nach. (Abr. 3:28)
In LuB heißt es erst nur, dass Satan Krieg auf der Erde
führt:
Und während wir noch im Geist
waren, gebot uns der Herr, die Vision niederzuschreiben; denn wir erblickten
den Satan, jene alte Schlange, nämlich den Teufel, der sich gegen Gott
auflehnte und danach trachtete, das Reich unseres Gottes und seines Christus an
sich zu nehmen— darum führt er Krieg mit
den Heiligen Gottes und schließt sie ringsum ein. (LuB 76:28-29)
Laut LuB 88 (als Joseph Smith sich mit Offenbarung 12
beschäftigte) findet der Krieg zwischen den Heeren Michaels und Satans nach dem
Millenium statt:
Und der Teufel wird seine Heere sammeln,
nämlich die Scharen der Hölle, und wird zum Kampf gegen Michael und seine Heere
heranrücken. Und dann kommt die Schlacht
des großen Gottes; und der Teufel und seine Heere werden an ihren eigenen Ort
geworfen werden, so daß sie über die Heiligen nimmermehr irgendwelche Macht
haben werden. (LuB 88:113-114)
Die Mär vom Krieg im Himmel hat somit keinerlei Fundament in
den Heiligen Schriften oder Lehren Joseph Smiths. Sie entstammt einzig Orson
Pratts Interpretation von Offenbarung 12, die er 1853 gab. Daraus entwickelten
sich verschiedenste Vorstellungen dieses angeblichen Kriegs bis hin zur Lehre,
die Schwarzen wären während dieses Krieges nicht tapfer genug gewesen und
deshalb wurde ihnen das Priestertum vorenthalten. Noch heute gibt es viele
Mitglieder, denen in ihren patriarchalischen Segen von einer besonderen Rolle
in jenem vorirdischen Krieg berichtet wird – alles auf Basis von
Kirchenlegenden.
Eine weitere Kirchenlegende ist die, dass Satan in jenem
vorirdischen Rat die Entscheidungsfreiheit wegnehmen und uns alle zu gutem
Handeln zwingen wollte. Mose 4:1 spricht
aber nur davon, dass er alle Menschen – egal, was sie tun würden – erlösen wollte:
Und
ich, der Herr, Gott, sprach zu
Mose, nämlich: Jener Satan, dem du im Namen meines Einziggezeugten geboten
hast, ist derselbe, der von Anfang an gewesen ist; und er trat vor mich und
sprach: Siehe, hier bin ich, sende mich; ich will dein Sohn sein, und ich will die ganze Menschheit erlösen,
daß auch nicht eine Seele verlorengeht, und gewiß werde ich es tun; darum gib
mir deine Ehre.
Joseph Smith hat gelehrt, dass Satan damit prahlte indem er sagte: Sende mich, ich kann alle erretten,
selbst diejenigen, die gegen den Heiligen Geist sündigen. (George Laub´s
Nauvoo Journal, S. 171)
Auch Orson Pratt lehrte:
Die
Entscheidungsfreiheit wurde allen intelligenten Wesen gegeben. Und Satan
versuchte dies zu zerstören und alle in ihren Sünden zu erretten.
Also nichts von Zwang. Die große Frage bleibt jedoch, wenn
es Satan gibt, warum er nicht das nahe liegende tut, um den Plan Gottes zu
vereiteln, nämlich nichts.
Fazit:
So klar und einfach ist die Lehre vom Plan Gottes mit
vorirdischen Dasein usw. ganz und gar nicht. Viele der heutigen Lehren stehen
im Widerspruch zu biblischen Aussagen oder lassen sich kaum darin wiederfinden.
Und das Buch Mormon als Buch mit der Fülle des Evangeliums bringt wenig
zusätzliche Erleuchtung.